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Eine Entscheidung, die eine aufschiebende Wirkung allein deshalb anordnet, weil eine Überstellung des Ausländers in den ersuchten Mitgliedstaat aus praktischen Gründen unmöglich ist, ist nicht geeignet, die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO zu unterbrechen.
Der Bescheid der des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 00. Oktober 2020, Geschäftszeichen 0000000-425, wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
2Der im Jahr 1982 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben aserbaidschanischer Staatsangehöriger. Er reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern, derentwegen ein gesondertes Verfahren unter dem Az. 29 K 6526/20.A rechtshängig ist, am 00. Juli 2020 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 00. Juli 2020 einen förmlichen Asylantrag.
3Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 00. September 2020 gab der Kläger an, im April 2019 für die Tschechische Republik ein Arbeitsvisum bekommen zu haben. Er sei in die Tschechische Republik eingereist und habe dort gearbeitet. Einen Asylantrag habe er dort nicht gestellt. Nachdem man sich ihm und seiner Familie gegenüber rassistisch verhalten habe, habe er seinen Job verloren. Seine Kinder seien in der Schule diskriminiert worden. Andere Kinder hätten seinen Kindern die Stühle weggezogen, sodass sie sich verletzt hätten. Der Stellvertreter des Schulleiters habe hiergegen nichts unternommen. In Tschechien seien sie genauso wenig frei gewesen wie in Aserbaidschan, sodass sie in die Bundesrepublik Deutschland gekommen seien. Seine Kinder seien in der Tschechischen Republik belästigt worden und hätten jeden Tag geweint. In der Bundesrepublik Deutschland hätten sie mehr Chancen. Die Tschechische Republik kenne keine Gnade. Ihm sei außerdem gesagt worden, dass er Moslem sei dies dort nicht gerne gesehen werde. Zweimal sei er von Passanten gefragt worden, ob er Moslem sei. Dann habe man ihm vorgeworfen, dass er ein Terrorist sei. In der Tschechischen Republik habe er in einer Wohnung zur Miete gelebt. Er habe umgerechnet im Monat etwa 700,00 EUR verdient. Seine Frau habe ebenfalls gearbeitet. Von dem Lohn hätten sie Essen bezahlt und andere Bedürfnisse, wie zum Beispiel Kleidung, befriedigt. Etwa ein bis zwei Monate vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland habe er seine Arbeit verloren. Dies sei am 00. Juli 2020 gewesen. Er habe in der Tschechischen Republik knapp ein Jahr gearbeitet. Sein Arbeitsvisum sei für zwei Jahre ausgestellt gewesen. In die Tschechische Republik möchte er nicht zurück, weil die Menschen dort Muslime nicht mögen würden. Er habe Tuberkulose gehabt, die zurückkommen könne.
4Am 00. September 2020 richtete das Bundesamt unter Hinweis auf die Angaben des Klägers zu seinem Visum und unter Bezugnahme auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), für den Kläger ein Aufnahmegesuch an die Tschechische Republik, das dort am selben Tag einging.
5Die tschechischen Behörden erklärten sich mit Schreiben vom 00. September 2020 gemäß Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers.
6Mit Bescheid vom 00. Oktober 2020 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorlägen (Ziffer 2.) und ordnete die Abschiebung des Klägers in die Tschechische Republik an (Ziffer 3.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG befristete das Bundesamt auf neun Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4.). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, der Asylantrag des Klägers sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig, da die Tschechische Republik aufgrund des ausgestellten Aufenthaltstitels gemäß Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags des Klägers zuständig sei. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in der Tschechischen Republik führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung von Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) vorliege. Dem Kläger drohten auch keine erheblichen konkreten Gefahren für Leib oder Leben.
7Der Kläger hat gegen den ihm am 00. Oktober 2020 zugestellten Bescheid am 00. November 2020 Klage erhoben. Zur Begründung seiner Klage verweist er auf seinen Sachvortrag im Verwaltungsverfahren. Er und seine Familie seien in der Tschechischen Republik mehrfach diskriminiert und sehr schlecht behandelt worden. Die Entscheidung des Bundesamts wahre darüber hinaus nicht den Schutz der familiären Einheit. Denn werde der Kläger abgeschoben, könne er seine Frau und seine Kinder nicht mehr sehen. Die Tschechische Republik verfüge darüber hinaus nicht über ein ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren. Die medizinische Versorgung sei in der Tschechischen Republik nicht gewährleistet. Es bestehe auch die Besorgnis, dass Asylsuchende inhaftiert würden. Beschwerden gegen ablehnende Asylentscheidungen hätten keine aufschiebende Wirkung. Wegen der Corona-Pandemie sei eine Überstellung in die Tschechische Republik nicht möglich.
8Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
9den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 00. Oktober 2020, Aktenzeichen: 0000000-425, aufzuheben und das Asylverfahren fortzusetzen,
10hilfsweise,
11die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
12Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
15Auf den gleichzeitig mit Klagerhebung gestellten Eilantrag hat das Gericht mit Beschluss vom 27. November 2020 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet, weil nicht feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne (Az.: 29 L 2201/20.A).
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Bundesamts Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. Dezember 2020 zur Entscheidung übertragen hat (§ 76 Abs. 1 AsylG). Das Gericht kann nach Anhörung der Beteiligten mit gerichtlicher Verfügung vom 3. November 2020 ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
19Die Klage hat mit ihrem Hauptantrag teilweise Erfolg. Dieser ist teilweise zulässig und – soweit er zulässig ist – begründet.
20Der Hauptantrag ist teilweise zulässig. Insbesondere ist er als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft.
21Vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 C 32.14 –, juris Rn. 13 ff.; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 28 ff.; OVG NRW, Urteil vom 16. September 2015 – 13 A 800/15.A – , juris Rn. 22 ff. m. w. N.
22Die isolierte Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung führt auf die weitere Prüfung des Asylantrags des Klägers durch die Beklagte und damit zu dem erstrebten Rechtsschutzziel. Denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids wird das Verwaltungsverfahren in den Verfahrensstand zurückversetzt, in dem es vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen war. Das Bundesamt ist im Falle einer Aufhebung des Bescheids gemäß §§ 24, 31 AsylG gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen. Aus diesem Grund fehlt dem klägerseits gestellten Verpflichtungsantrag, das Asylverfahren fortzuführen, das Rechtsschutzbedürfnis, so dass die Klage insoweit unzulässig und damit abzuweisen ist.
23Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 C 4/16 –, juris Rn. 19.
24Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag, soweit er zulässig ist, auch begründet.
25In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist die Ablehnung des Asylantrags des Klägers als unzulässig in Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheids rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26Die Voraussetzungen des allein als Rechtsgrundlage der Unzulässigkeitsentscheidung in Betracht kommenden § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn nach der Dublin III-VO ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
27Zwar ist nach Art. 12 Abs. 2, Abs. 4 UAbs. 1 Dublin III-VO ursprünglich die Tschechische Republik für die Durchführung des Asylverfahrens des Kläger zuständig gewesen, weil der Kläger bei Stellung seines ersten Asylgesuchs (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) über ein seit weniger als sechs Monaten abgelaufenes, von der Tschechischen Republik ausgestelltes Visum verfügt hat, aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen konnte. Dies folgt aus den Angaben des Klägers bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 00. September 2020, wonach er in Tschechien mit einem Arbeitsvisum, das zwei Jahre lang gültig gewesen sei, eingereist sei. Bestätigt wird dies durch das Schreiben der tschechischen Behörden vom 00. September 2020, in dem diese der Rücküberstellung des Klägers in die Tschechische Republik auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO zugestimmt haben.
28Die ursprünglich bestehende Zuständigkeit der Tschechischen Republik ist jedoch gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III‑VO auf die Beklagte übergegangen. Danach ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Die sechsmonatige Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat.
29Vorliegend haben die tschechischen Behörden der Überstellung des Klägers mit Schreiben vom 00. September 2020, bei der Beklagten eingegangen am selben Tag (Beiakte, Heft 1, Bl. 112), zugestimmt. Diesen Zeitpunkt zugrundegelegt, endete die Überstellungsfrist am 00. März 2021.
30Der vom Kläger am 00. November 2020 gestellte Eilantrag, über den das Gericht am 27. November 2020 zu seinen Gunsten entschieden hat (Az.: 29 L 2201/20.A), vermochte die Überstellungsfrist nicht zu unterbrechen. Zwar beginnt die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO mit der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn der Ausländer vor dem Ablauf der Überstellungsfrist einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung im Sinne von Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO einlegt. Der unionsrechtliche Begriff der „aufschiebenden Wirkung“ ist jedoch nicht deckungsgleich mit demjenigen auf nationaler Ebene.
31BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 – 1 C 15/15 –, juris Rn. 11.
32So ist eine Entscheidung, die eine aufschiebende Wirkung allein deshalb anordnet, weil eine Überstellung des Ausländers aus praktischen Gründen unmöglich ist, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht geeignet, die Überstellungsfrist zu unterbrechen. Dies hat der Europäische Gerichtshof zuletzt in mehreren Entscheidungen unmissverständlich klargestellt:
33„Zum anderen war der Unionsgesetzgeber nicht der Ansicht, dass sich die praktische Unmöglichkeit, eine Überstellungsentscheidung durchzuführen, für eine Rechtfertigung der Unterbrechung oder der Aussetzung der in Art. 29 Abs. 1 der Dublin-III-Verordnung bezeichneten Überstellungsfrist eigne.
34Er hat nämlich keine allgemeine Bestimmung in diese Verordnung aufgenommen, die eine solche Unterbrechung oder eine solche Aussetzung vorsieht.“
35EuGH, Urteil vom 22. September 2022 – C-245/21 –, juris Rn. 65 f.; EuGH, Urteil vom 12. Januar 2023 – C-323/21 bis C-325/21 –, juris Rn. 69.
36Noch deutlicher wird das Gericht in dem zuletzt genannten Urteil:
37„Der Gerichtshof hat deshalb entschieden, dass die in dieser Bestimmung [gemeint ist Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO, Anm. d. Verf.] vorgesehene Überstellungsfrist in Situationen, in denen die Überstellung der betreffenden Person unmöglich ist, angewendet werden muss […].“
38EuGH, Urteil vom 12. Januar 2023 – C-323/21 bis C-325/21 –, juris Rn. 70.
39Dafür, dass bei faktischer Unmöglichkeit der Überstellung die Überstellungsfrist nicht unterbrochen wird, spricht auch der Wortlaut von Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO, wonach die Durchführung der Überstellung von zwei Voraussetzungen abhängt: Eine Überstellung darf nur erfolgen, wenn sie erstens praktisch möglich ist und zweitens die sechsmonatige Überstellungsfrist eingehalten wird. Da es sich hierbei um zwei isolierte Tatbestandsmerkmale handelt, die kumulativ („und“) erfüllt sein müssen, um die Rechtsfolge eintreten zu lassen, schließen sie sich wechselseitig aus. Die praktische Unmöglichkeit, eine Überstellung durchzuführen, kann daher kein Grund für eine Unterbrechung der Überstellungsfrist sein. Im Falle der praktischen Unmöglichkeit einer Überstellung sieht die Dublin III-VO nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs demzufolge (abgesehen von Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) keine rechtliche Möglichkeit vor, die Überstellungsfrist zu verlängern. Deswegen kann in diesen Konstellationen weder eine kraft nationalen Gesetzes noch durch gerichtliche Entscheidung angeordnete aufschiebende Wirkung die europarechtlich verankerte Überstellungsfrist unterbrechen. Vielmehr läuft in diesen Fällen die Überstellungsfrist ab der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedstaat weiter.
40Vorliegend konnte eine Überstellung des Klägers nicht realisiert werden, weil ihre Durchführung praktisch unmöglich war. Insoweit hatte die Tschechische Republik mit E-Mail vom 00. Oktober 2020 mitgeteilt, dass wegen der Corona-Pandemie alle eingehenden Überstellungen ab dem 2. November 2020 bis auf weiteres ausgesetzt würden. Das Bundesamt selbst hatte mit Schriftsatz vom 00. November 2020 hierauf hingewiesen. Die Überstellung des Klägers war mithin aus praktischen Gründen unmöglich. Hierauf hatte das Gericht in seinem Beschluss vom 27. November 2020 auch hingewiesen. Es hat unmissverständlich festgestellt, dass der Abschiebung ein Vollzugshindernis entgegenstehe, weshalb im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG feststehe, dass sie nicht durchgeführt werden könne.
41Die unter Ziffer 2. des Bescheids getroffene Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, ist ebenfalls rechtswidrig. Sie ist verfrüht ergangen, weil das Bundesamt nach Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung verpflichtet ist, den Asylantrag des Klägers materiell zu prüfen und sodann über Abschiebungsverbote zu entscheiden.
42Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheids ist rechtswidrig, weil der Asylantrag des Klägers – wie dargelegt – nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG als unzulässig abgelehnt werden durfte.
43Infolgedessen entfällt auch die Grundlage für die Anordnung des auf § 11 Abs. 1 AufenthG gestützten Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4. des Bescheids.
44Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO, §§ 83b, 83c AsylG. Der Beklagten waren die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO ganz aufzuerlegen, weil der Kläger nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Ganz wesentlicher Streitgegenstand war nämlich die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids. Das Verpflichtungsbegehren des Klägers, dem nur deshalb nicht entsprochen wurde, weil die Beklagte schon von Gesetzes wegen zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens verpflichtet ist, spielt im Gesamtkontext der gerichtlichen Auseinandersetzung demgegenüber nur eine unbedeutende Nebenrolle.
45Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
46Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).
47Rechtsmittelbelehrung:
48Gegen diesen Gerichtsbescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung die Zulassung der Berufung (1) oder mündliche Verhandlung (2) beantragt werden. Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
49(1) Über den Antrag auf Zulassung der Berufung entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
501. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
512. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
523. ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
53Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich zu stellen. Er muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen.
54Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
55In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.
56Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
57Die Antragsschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
58(2) Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
59Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen.
60Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
61Der Antrag soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.