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Der Angeklagte ist des Betruges in 19 Fällen schuldig.
Er wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
einem Jahr und zehn Monaten
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften: §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 53 StGB
Gründe:
2I.
3Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 38-jährige Angeklagte ist verheiratet und Vater eines 18 Monate alten Sohnes.
4Er studierte Zahnmedizin an der Universität N in den Jahren 2005 bis 2010. In der Folge arbeitete er als angestellter Zahnarzt, bis er im August 2014 eine eigene Praxis in Y gründete. Wegen der verfahrensgegenständlichen Abrechnungen ist auch ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf anhängig. Diesem Verfahren liegt der Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein (im Folgenden: KZV) vom 04.08.2017 zugrunde. Mit diesem Bescheid wurden gewährte Festzuschussleistungen für Eigenlaborarbeiten in Höhe von 127.620,21 Euro zurückgefordert. Der Angeklagte zahlte den geforderten Betrag in monatlichen Raten von etwa 14.000,00 Euro im Wege der Verrechnung an die KZV zurück. Die letzte Rate wurde Ende 2021 an die KZV beglichen.
5Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang nicht in Erscheinung getreten.
6II.
7Der Angeklagte ist seit dem 01.08.2014 als niedergelassener Zahnarzt Inhaber der Zahnarztpraxis in der X-Straße in Y. Er wurde durch den Zulassungsausschuss der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (im Folgenden: KZV) zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In der Folge rechnete er die von ihm an gesetzlich versicherten Patienten erbrachten zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen über die KZV mit den gesetzlichen Krankenkassen (Primär- und Ersatzkassen) ab. Während der Angeklagte die zahntechnischen Leistungen zunächst durch Fremdlabore ausführen ließ, gründete er im September 2015 ein eigenes Praxislabor auf der gegenüberliegenden Straßenseite, X2-Straße in Y. Dieses Labor war indes technisch wie personell nicht in der Lage, sämtliche für die Praxis anfallenden zahntechnischen Arbeiten durchzuführen. Das lag einerseits daran, dass keine ausreichende Anzahl von Zahntechnikern beschäftigt wurde. Andererseits verfügte das Labor auch nicht über alle notwendigen technischen Ausstattungen. Insbesondere fehlte eine große Gussmaschine, um Gerüste für Kronen und Brücken aus Metall, Zirkon oder Modellguss herzustellen. Während der Angeklagte zunächst auch zwei deutsche Fremdlabore mit zahntechnischen Leistungen beauftragt hatte, entschied er sich aus Kostengründen im zunehmenden Maße, die Arbeiten durch das in der Türkei ansässige Labor BY Dental in J ausführen zu lassen. Die Fremdlabore stellten im Auftrag und nach Weisung des Angeklagten den Zahnersatz her, der anschließend (im Falle des Labors C Dental aus der Türkei nach Deutschland) zurückgesandt und dort im Eigenlabor des Angeklagten gegebenenfalls angepasst und weiter bearbeitet wurde, bevor eine Eingliederung bei dem Patienten erfolgte. Über die den Fremdlaboren entstandenen Kosten erhielt der Angeklagte Sammelrechnungen, in denen diese ihre Kosten nach Patienten aufgeschlüsselt geltend machten. Die Rechnungsbeträge wurden anschließend von dem Angeklagten an die Labore gezahlt.
8Nach Abschluss der Behandlung der jeweiligen Patienten rechnete der Angeklagte seine zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen mit der KZV ab. Dabei rechnete der Angeklagte die zahntechnischen Leistungen der Höhe nach so ab, als ob alle Arbeiten in seinem eigenen Labor erbracht worden wären. Dass tatsächlich ein beachtlicher Anteil der Leistungen zu weitaus günstigeren Kosten im (türkischen) Fremdlabor hergestellt worden waren, verschwieg der Angeklagte, um die entstandenen Kostenvorteile für sich zu behalten. Auf diese verschaffte sich der Angeklagte willentlich eine nicht nur vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle .
9Im Einzelnen rechnete der Angeklagte im Zeitraum vom 15.09.2015 bis zum 15.03.2017 mittels 19 monatlicher Sammelabrechnungen in 575 Fällen höhere Fremdlaborkosten ab, als ihm tatsächlich entstanden waren. Die inhaltlich fehlerhaften Sammelabrechnungen wiesen einen Gesamtwert von 1.108.850,60 Euro aus. Hiervon entfielen auf vermeintlich im Eigenlabor erbrachte Leistungen 455.626,62 Euro. Tatsächlich hatte der Angeklagte für die erbrachten Leistungen im Fremdlabor lediglich einen Betrag von 124.506,99 Euro zahlen müssen, mithin einen Betrag in Höhe von 331.319,63 Euro zu viel abgerechnet.
10Der Angeklagte übermittelte jeden Monat Sammelabrechnungen per elektronischer Datenübertragung an die KZV. Zur Teilnahme an dem Abrechnungssystem der KZV hatte der Angeklagte bereits am 24.07.2014 eine Grundsatzerklärung abgegeben, in der er ausdrücklich versicherte, dass soweit zahntechnische Leistungen gewerblicher Zahntechniker in Anspruch genommen werden (Fremdlabor), diese auch tatsächlich in der angegebenen Höhe angefallen sind und seine Abrechnungen auch im Übrigen sachlich richtig sind. Vor jeder Übermittlung der monatlichen Abrechnung musste der Angeklagte erneut eine entsprechende Belehrung in der Eingabemaske zur Kenntnis nehmen, und die Kenntnisnahme durch das Setzen eines Hakens bestätigen, bevor die Sammelabrechnung in einem nächsten Anwendungsschritt elektronisch übermittelt werden konnte.
11Auf Seiten der KZV ging man irrig davon aus, dass die Abrechnungen sachlich und inhaltlich zutreffend seien, insbesondere der Angeklagte keine höheren Leistungen beanspruchen würde, als ihm zustanden.
12Im Einzelnen kam es zu folgenden falschen Abrechnungen:
13Abrechnungs-monat |
Abrechnungs- datum |
Insgesamt als Eigenlabor abgerechnete Leistungen |
davon als Eigenlabor- leistung abgerechnet, obwohl tatsächlichFremdlabor- leistung(inkl. 7% MwSt.) |
Tatsächlich entstandene Fremdlaborkosten(z.B. C Dental oder deutsche Fremdlabore) |
Differenzabgerechnete Eigenleistung abzüglich Fremdlabor-leistungen |
|
1. |
September 15 |
15.09.2015 |
8.970,80 € |
5.572,97 € |
1.267,98 € |
4.304,99 € |
2. |
Oktober 15 |
14.10.2015 |
21.775,24 € |
13.076,38 € |
5.674,67 € |
7.401,71 € |
3. |
November 15 |
16.11.2015 |
24.495,44 € |
13.974,90 € |
5.828,99 € |
8.145,91 € |
4. |
Dezember 15 |
08.12.2015 |
39.799,42 € |
23.014,52 € |
6.935,88 € |
16.078,64 € |
5. |
Januar 16 |
14.01.2016 |
14.170,69 € |
9.416,83 € |
2.543,00 € |
6.873,83 € |
6. |
Februar 16 |
16.02.2016 |
43.765,18 € |
24.459,24 € |
7.111,00 € |
17.348,24 € |
7. |
März 16 |
16.03.2016 |
43.776,06 € |
22.784,00 € |
7.924,84 € |
14.859,16 € |
8. |
April 16 |
14.04.2016 |
50.137,40 € |
30.797,79 € |
7.846,00 € |
22.951,79 € |
9. |
Mai 16 |
17.05.2016 |
29.434,37 € |
17.052,04 € |
4.510,01 € |
12.542,03 € |
10. |
Juni 16 |
13.06.2016 |
30.747,08 € |
19.520,16 € |
5.202,00 € |
14.318,16 € |
11. |
Juli 16 |
14.07.2016 |
48.221,93 € |
29.505,09 € |
7.758,92 € |
21.746,17 € |
12. |
August 16 |
15.08.2016 |
19.584,54 € |
12.093,08 € |
2.696,00 € |
9.397,08 € |
13. |
September 16 |
15.09.2016 |
63.346,97 € |
41.224,61 € |
6.438,00 € |
34.786,61 € |
14. |
Oktober 16 |
17.10.2016 |
43.595,55 € |
29.695,98 € |
9.444,00 € |
20.251,98 € |
15. |
November 16 |
15.11.2016 |
39.980,67 € |
25.985,34 € |
5.976,00 € |
20.009,34 € |
16. |
Dezember 16 |
09.12.2016 |
49.338,12 € |
32.067,71 € |
4.624,00 € |
27.443,71 € |
17. |
Januar 17 |
16.01.2017 |
45.672,75 € |
30.328,95 € |
8.689,00 € |
21.639,95 € |
18. |
Februar 17 |
15.02.2017 |
73.679,79 € |
48.888,82 € |
17.710,00 € |
31.178,82 € |
19. |
März 17 |
15.03.2017 |
39.128,21 € |
26.168,21 € |
6.326,70 € |
19.841,51 € |
Gesamt |
1.108.850,60 € |
729.620,21 € |
455.626,62 € |
124.506,99 € |
331.119,63 € |
III.
15Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung sowie auf der Verlesung der Auskunft aus dem Bundeszentralregisterauszug und der auszugsweisen Verlesung der Angaben, die unter seiner Internetseite zu finden sind.
16Die Überzeugung, dass sich die Taten so zugetragen haben, wie oben unter II. geschildert, beruht auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten und im Übrigen aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme. Der Angeklagte hat eingeräumt, die Zahnarztpraxis leitend geführt und zahntechnische Leistungen in Fremdlabore ausgegliedert zu haben. Auch räumt er ein, bei den im Online-System aufgegebenen Sammelabrechnungen nicht zwischen den Kosten des Eigenlabores und denen des Fremdlabores differenziert zu haben. Dies sei aber nicht in der Absicht geschehen, sich einen ihm nicht zustehenden Vorteil zu verschaffen, sondern weil er mit den Abrechnungen überfordert gewesen sei. Er habe schlichtweg nicht gewusst, wie genau er die Abrechnungen vorzunehmen habe. Die Ausgangsprämisse der Anklage, wonach fertige Fremdstücke zu überhöhten Preisen abgerechnet worden seien, wäre falsch. Die Fremdlabore hätten lediglich die Grundmodelle angefertigt, dies sei teilweise in deutschen Laboren, überwiegend aber in der Türkei geschehen. Wie aus der als Anlage zum Protokoll genommenen Fotodokumentation ersichtlich, seien dann aber noch ganz wesentliche Arbeitsschritte im Eigenlabor vorgenommen worden. Der Angeklagte vertritt die Ansicht, dass der KZV kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei und die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden wären.
17Soweit die Einlassung des Angeklagten im Widerspruch zu den obigen Feststellungen unter II. stehen, ist er durch die Beweisaufnahme überführt worden.
18Dass der Angeklagte nicht nur die Fremdlaborleistungen fehlerhaft als Eigenlaborleistungen bezeichnet, sondern darüber hinaus einen Betrag in Höhe von 331.319,63 Euro zu viel, nämlich als Eigenleistungen abgerechnet hat, obwohl er einen Betrag in dieser Höhe selbst nicht aufzubringen hatte, steht aufgrund der Aussage des Zeugen P zur Überzeugung des Gerichts fest. Dieser hat anhand der im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten tabellarischen Übersicht (Bl. 109 – 214 d. A.) erläutert, dass er sich jeden einzelnen Abrechnungsvorgang der 575 Patienten angeschaut und die Rechnungen des Angeklagten mit den Rechnungen der Fremdlabore abgeglichen hat. Dabei ist von ihm festgestellt worden, dass in jedem der in der Tabelle aufgeführten Patientenfälle die Fremdlaborleistungen mit einem höheren Betrag als Eigenlaborleistungen abgerechnet worden ist. Die Differenz zwischen der insgesamt als Eigenleistung abgerechneten Fremdlaborleistung und den tatsächlich angefallenen Fremdlaborkosten habe 331.319,63 Euro betragen. Die Ausführungen des Zeugen P waren durchweg nachvollziehbar. Er hatte sein Vorgehen exemplarisch anhand der Fälle „L2“ und „T“ erläutert. So hat er ausgeführt, dass er die Fremdlaborbelege (Bl. 38 und Bl. 56 d. A.) mit den Eigenbelegen den Angeklagten (Bl. 39 und Bl. 52 d. A.) abgeglichen und nur die Positionen aus dem Eigenbeleg für seine Berechnung herangezogen hat, die auch im Fremdlaborbeleg auftauchten. Danach wurde etwa für Teleskopkrone vom Fremdlabor ein Betrag von 100,00 Euro in Rechnung gestellt (Bl. 56 d. A.), wohingegen der Angeklagten diese Leistung mit 294,02 Euro zzgl. Mehrwertsteuer (Bl. 52 d. A.) abgerechnet hat. Die Aussage des Zeugen P erscheint glaubhaft, da sie frei von jeder Belastungstendenz rein sachlich und nüchtern erfolgte. Der Zeuge räumte auch unumwunden ein, wenn ihm Informationen fehlten. So konnte er etwa die Frage des Gerichts nicht beantworten, ob die in Rechnung gestellten Beträge in den Eigenbelegen dem maximal zulässigen Höchstsatz, nur einer Mittelgebühr oder dem Mindestsatz entsprechen würden. Er vermochte nur anzugeben, dass das Zahlenwerk als solches unverdächtig erschienen sei, da die abgerechneten Beträge sich im Rahmen der zulässigen Bandbreite gehalten hätten. Aus diesem Grund sei die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen für die KZV auch erst nach einer dezidierten Prüfung zu erkennen gewesen.
19Der Angeklagte stellt nicht in Abrede, gewusst zu haben, wissentlich die Sammelabrechnungen übermittelt zu haben, ohne die Fremdlaborkosten auszuweisen. Soweit er hingegen abstreitet, in Bereicherungsabsicht gehandelt zu haben, folgt dies aus einer lebensnahen Wertung aller festgestellten objektiven Umstände. Dem Angeklagten mag noch zugestanden werden, dass er kein „Zahlenmensch“ ist. Auf Nachfrage zu seinen persönlichen Verhältnissen gab er denn auch an, keinen Überblick über die Höhe seiner monatlichen Einkünfte zu besitzen. Ferner mag er sich nicht im Klaren darüber gewesen sein, in welcher genauen Höhe der KZV ein Schaden durch die fehlerhaften Abrechnungen entsteht. Jedoch hat er gewusst, dass die Fremdlaborrechnungen des türkischen Labors deutlich niedriger ausfallen, als die eines deutschen Fremdlabores bzw. eines Eigenlabores. Denn ansonsten hätte für den Angeklagten überhaupt keine Veranlassung bestanden, im umfangreichen Maße zahntechnische Leistungen in der der Türkei anfertigen und sich nach Deutschland zusenden zu lassen. Wenn der Angeklagte aber den geldwerten Vorteil der günstigen Auslandsarbeiten in keiner Weise in seinen Abrechnungen ausweist, sondern in diesen vorgibt, sämtliche Arbeiten im Eigenlabor ausgefertigt zu haben, erklärt sich dies nur dadurch, dass er die Vergünstigung nicht an die KZV bzw. seine Patienten weiterreichen, sondern diese für sich selbst behalten möchte. Dass die tatsächlichen Kosten in der Türkei teilweise nur ein Drittel der abgerechneten Beträge ausgemacht haben, ergibt sich zum einen aus einem exemplarischen Vergleich der Eigenbelege (Bl. 39 und 40 d. A.) mit den Fremdlaborrechnungen (Bl. 38 und 56 d. A.). Zum anderen folgt dies auch aus der Aussage der Zeugin L, die die Abrechnungen für den Angeklagten verwaltet hat. Auf Vorhalt aus ihrer polizeilichen Zeugenvernehmung hat die Zeugin eingeräumt, dass ihr bewusst gewesen ist, dass die Arbeiten in der Türkei günstiger angefertigt werden können, als durch ein deutsches Labor. Die Zeugenaussage ist glaubhaft. Die weiterhin für den Angeklagten arbeitende Zeugin war wie schon im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung bemüht, den Angeklagten zu entlasten und ihn von jeder Bereicherungsabsicht frei zu sprechen. Wenn die Zeugin dann diesen den Angeklagten belastenden Umstand einräumt, streitet dies für die Wahrhaftigkeit.
20Dass sich der Angeklagte als Leiter der Praxis dieser Zusammenhänge nicht bewusst gewesen sein könnte, erscheint völlig lebensfremd.
21Soweit der Angeklagte den unterschiedlichen Abrechnungsbetrag zwischen den eingereichten Rechnungen und den Fremdlaborkosten mit umfangreichen Nachbesserungsarbeiten zu erklären versucht, ist hierin eine bloße Schutzbehauptung zu sehen. Denn aus der Aussage der vernommenen Zeugen H und D ergibt sich, dass der Angeklagte selbst überhaupt keinen Überblick hatte, an welchen zahntechnischen Leistungen aus den Fremdlaboren welche konkreten Nachbesserungsarbeiten hätten durchgeführt werden müssen. Die als Zahntechniker beschäftigten Zeugen H und D haben übereinstimmend und glaubhaft erklärt, dass keine Aufzeichnungen über Nachbesserungsarbeiten an den Fremdlaborleistungen geführt worden seien. Zudem orientierten sich die in den Eigenbelegen abgerechneten Leistungspositionen überhaupt nicht an etwaigen Nachbesserungsarbeiten, sondern erfolgten sie unabhängig hiervor. Dies ergibt sich ebenfalls aus der Aussage der Zeugin L. Denn in der Anfangszeit habe ihr der ebenfalls für den Angeklagten tätige Herr F zur Seite gestanden. Dieser habe vom Abrechnungswesen mehr verstanden und der Zeugin L genau angewiesen, welche Positionen sie für die Abrechnung anzuklicken habe. Die Rechnungserstellung erfolgte dabei anhand des jeweiligen Patientenauftrags, ohne zwischen Fremd- und Eigenleistungen zu unterscheiden und ohne auf etwaige Nacharbeiten oder Ausbesserungen im Einzelfall einzugehen.
22IV.
23Der Angeklagte hat sich danach des gewerbsmäßigen Betruges in 19 Fällen gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB schuldig gemacht. Die Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit nach § 53 StGB.
24Die Übersendung der fehlerhaften Sammelabrechnungen hat bei der KZV den Irrtum erregt, dass die Abrechnungen inhaltlich richtig und der Höhe nach zutreffend seien. Der Angeklagte wusste auch um diese Täuschung, weil er trotz entsprechender Unterzeichnung der anderslautenden Grundsatzerklärungen die Fremdlaborkosten nicht gesondert ausgewiesen hatte. Da die insgesamt fehlerhaften Eigenlaborkosten sich auf einen Betrag von rd. 729.000,00 Euro summierten, ist der KZV in dieser Höhe nach der streng formalen Betrachtungsweise des Bundesgerichtshofes ein Schaden entstanden. Der Angeklagte handelte auch mit der Absicht rechtswidriger Bereicherung, da er ganz gezielt den durch die Auslagerung der Tätigkeit ins Ausland entstandenen Kostenvorteile nicht auswies, sondern für sich behielt.
25V.
26Für die Strafzumessung ist vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB auszugehen, der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Aufgrund des Handelns zur Erzielung einer Einnahmequelle von gewissem Gewicht und gewisser Dauer ist das Regelbeispiel vorliegt verwirklicht. Dauer und Umfang der Betrugshandlungen sind so erheblich, dass die Taten nicht von dem Leitbild dessen abweichen, was sich der Gesetzgeber unter der Verwirklichung eines gewerbsmäßigen Betruges vorgestellt hat.
27Zugunsten des Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass er nicht vorbestraft ist und der Schaden vollständig zurückgezahlt wurde. Zudem liegen die Taten viele Jahre zurück. Strafschärfend muss sich auswirken, dass ein hoher Schaden entstanden ist und die Taten über viele Monate hinweg verübt wurden.
28Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält das Gericht folgende Einsatzstrafen unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Schadenshöhe für tat- und schuldangemessen:
29Taten 1 bis 3, 5, 12: sechs Monate,
30Taten 4, 6, 7, 9, 10, 19: sieben Monate,
31Taten 8, 11, 14 bis 17: acht Monate,
32Taten 13 und 18: neun Monate.
33Unter erneuter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände ist unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
34einem Jahr und zehn Monaten
35erkannt worden.
36Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Zum einen besteht die berechtigte Erwartung, dass der Angeklagte sich bereits die Verurteilung als solche zur Warnung dienen lassen und künftig keine weiteren Straftaten mehr begehen wird. Zum anderen liegen auch besondere Umstände vor, die es rechtfertigen, die über einem Jahr liegende Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Zunächst ist zu bedenken, dass es sich um eine Gesamtfreiheitsstrafe handelt und die jeweiligen Einzelstrafen unter einem Jahr liegen. Darüber hinaus lebt der nicht vorbestrafte Angeklagte in einem gesicherten sozialen Umfeld. Er ist gerade Vater eines Kindes geworden und verfügt über geregelte Einkommen. Seine zahnärztlichen Leistungen rechnet er bereits seit 2017 ohne Beanstandung mit der KZV ab. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erwarten, dass erneut die Gefahr strafrechtlichen Verhaltens bei ihm besteht.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abt. 1 StPO.