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1. Verträge, die gegen das Totalverbot des § 4 Abs. 1, Abs 4 GlüStV verstoßen(hier: Online-Casinoglücksspiele) sind nach § 134 BGB nichtig (Anschluss an BGH,Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, juris Rn. 17 ff.; OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023– 19 U 92/23, juris Rn. 13 f.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.2023 – 14 U 256/21, jurisRn. 72 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 58).2. Maßgeblich für die Beurteilung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 134BGB ist das zum Zeitpunkt des Verstoßes geltende Verbotsgesetz. Wird das Verbotnachträglich aufgehoben, führt nur eine bestätigende Neuvornahme gem. § 141BGB zur Wirksamkeit (Anschluss an BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, jurisRn. 21).3. Das im Glücksspielstaatsvertrag 2012 vorgesehene Verbot steht mit demUnionsrecht grundsätzlich in Einklang. Eine Pflicht der Mitgliedstaaten, eine voneinem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis anzuerkennen, ergibt sich aus demUnionsrecht nicht (Anschluss an BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, juris Rn.16; BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, juris Rn. 59; BGH, Beschl. v.26.01.2023 – I ZR 79/22, juris Rn. 26; BGH, Beschl. v. 23.01.2025 – I ZB 39/24, jurisRn. 27). Allerdings muss ein Mitgliedstaat bei Einführung eines Glücksspielverbotsinsbesondere die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beachten, wobei es beiVerfahren, die Online-Casinoglückssiele zum Gegenstand haben, nicht um dieUnionrechtskonformität des in § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 für Sportwettengeregelten Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt geht, sondern darum, ob das fürsonstige Online-Glücksspiele wie Casino-, Poker- oder Automatenspiele geltendeTotalverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 mit Unionsrecht in Einklang steht. Solltedies nicht der Fall sein, könnte dies zur Folge haben, dass bei einerunionsrechtskonformen Auslegung des § 134 BGB von einer Wirksamkeit dergeschlossenen Verträge ausgegangen werden müsste und § 823 Abs. 2 BGB nichtals Schutzgesetz angesehen werden könnte. Die Annahme, das Unionsrecht steheder bei einem Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 aus § 134 BGB folgendenNichtigkeit sowie einer Auslegung des § 823 Abs. 2 BGB als Schutzgesetzentgegen, wäre allerdings von vorneherein allenfalls dann gerechtfertigt, wenn dasangebotene Glücksspiel nach nationalem Recht auch konzessionsfähig wäre. DasUnionsrecht gebietet es nicht, solche Glücksspielangebote zivilrechtlich als wirksamzu behandeln. Ein Veranstalter von Online-Glücksspielen kann aus dem Unionsrechtkeine Rechte herleiten, die er auch in einem unionsrechtskonformenKonzessionserteilungsverfahren nicht hätte erlangen können (Anschluss an BGH,Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, juris Rn. 39; BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR88/23, juris Rn. 48 ff.). Im Hinblick hierauf ist eine Aussetzung des Verfahrens nach§ 148 ZPO analog im Hinblick auf eine mögliche Unionsrechtswidrigkeit desTotalverbots in § 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV nicht geboten.4. Auch bei einer Verjährung von Bereicherungsansprüchen kann dem Spielergegen den Veranstalter von Online-Casinoglücksspielen ein durchsetzbarerAnspruch in gleicher Höhe gem. § 852 i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB, § 4 Abs. 1, 4GlüStV 2012 zustehen (Anschluss an OLG Stuttgart, Urt. v. 24.05.2024 – 5 U 74/23,juris Rn. 110 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 126 ff.).5. Begehrt eine klagende Partei die Freistellung von den für die Beauftragung seinerProzessbevollmächtigten entstandenen außergerichtlichen Kosten, steht ihm einAnspruch auf Verzugszinsen insoweit nicht ohne weiteres zu. Verzugszinsen aufeinen Freistellungsanspruch können mangels Rechtsgrundlage nicht entsprechendder Regelung beim Zahlungsanspruch verlangt werden, da § 288 BGB auf einenFreistellungsanspruch nicht anwendbar ist (Anschluss an OLG Stuttgart, Urt. v04.10.2010 – 5 U 60/10, juris Rn. 91 f.).
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.204,99 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2024 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Q. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Z.-straße 00, 00000 F. in Höhe von 1.751,80 Euro freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 37.204,99 Euro festgesetzt.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung wegen Verlusten aus der Teilnahme an Online-Casino-Glücksspielen.
2Die Beklagte ist ein Anbieter von Online-Glücksspielen mit Sitz in C.. Die Beklagte betriebt u.a. die M. und E. unter der URL www.U. und www.X.. Die Internetseiten www.U. und www.X. wurden bis 14.10.2020 ausschließlich von der Beklagten betrieben. Alle streitgegenständlichen Spieleinsätze wurden vor diesem Zeitpunkt getätigt. Zudem sind Spiele bei E. ab dem 26.03.2014 streitgegenständlich. Ein monatliches Limit für die Höhe der Einsätze war bei der Beklagten nicht vorgesehen. Über eine Glücksspiellizenz in G. oder für H. verfügte die Beklagte im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze des Klägers nicht. Für die von der Beklagten unter den Marken U. und X. im Internet bis zum 14.10.2020 angebotenen Glücksspiele verfügte sie seit vielen Jahren, insbesondere auch im streitgegenständlichen Zeitraum, ununterbrochen über eine Glücksspielerlaubnis nach gibraltarischem Recht. Dies wurde auf der Homepage sowie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entsprechend dargestellt. Die Glücksspiele der Beklagten wurden im Einklang mit der C. Lizenz angeboten, was von der zuständigen Aufsichtsbehörde in C. fortlaufend überwacht wurde.
3Die Beklagte hatte bereits im Jahr 2012 eine bundesweite Konzession beantragt. Das Konzessionsverfahren betraf das Angebot von Sportwetten und wurde vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport geführt. Das Ministerium kam nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Beklagte alle Voraussetzungen einer Konzessionserteilung erfüllt, und es kündigte die Erteilung einer Konzession an. Die E. (G.) Limited – ein Schwesterunternehmen der Beklagten – erhielt am 09.10.2020 eine erste Konzession für das Sportwetten-Angebot auf www.U. . Im Jahr 2022 erhielt die Unternehmensgruppe der Beklagten weitere Lizenzen für Automatenspiele und Online-Poker. Diese Lizenzen betreffen die E.
4(G.) Limited für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele, die A.
5(G.) Limited für virtuelle Automatenspiele sowie die D. (G.) Limited für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele.
6Der in 00000 B. wohnhafte Kläger unterhielt bei E. ein Spielerkonto, auf das er regelmäßig Einzahlungen tätigte und Online-Casino-Spiele bei E. spielte. Der Kläger zahlte in dem Zeitraum ab dem 26.03.2014 insgesamt 30.900,00 auf das Spielerkonto bei E. ein. Im Laufe der Spieltätigkeit wurden insgesamt Euro
726.752,64 Euro von diesem Spielerkonto an den Kläger ausgezahlt. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die zur Akte gereichte Transaktionsliste Bezug genommen (Anlage K 1-2, Bl. 31-36 GA). Hiernach ergibt sich ein Verlust des Klägers aus Spielen bei E. in Höhe von 4.147,36 Euro.
8Der Kläger unterhielt darüber hinaus bei L. seit 2015 ein Spielerkonto, auf das er regelmäßig Einzahlungen tätigte und Online-Casino-Spiele bei L. spielte. Der Kläger zahlte in dem Zeitraum ab dem 05.06.2015 insgesamt 205.686,14 auf das Spielerkonto bei L. ein. Im Laufe der Spieltätigkeit wurden insgesamt 174.628,51 Euro von diesem Spielerkonto an den Kläger ausgezahlt. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die zur Akte gereichte Transaktionsliste Bezug genommen (Anlage K 1-1, Bl. 17-30 GA). Hiernach ergibt sich ein Verlust des Klägers aus Spielen bei L. in Höhe von 31.057,63 Euro.
9Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 28.02.2024 wandte sich der Kläger an die Beklagte und forderte diese unter Setzung einer Frist bis zum 13.03.2024 vergeblich auf, Verluste in Höhe von insgesamt 37.204,99 Euro auszugleichen sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.751,80 Euro zu zahlen. Wegen der Einzelheiten über den Inhalt des vorgenannten
10Schreibens wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 2, Bl. 37-39 GA).
11Der Kläger begehrt mit seiner am 22.03.2024 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten vom 05.06.2024 zugestellten Klage von der Beklagten Zahlung in Höhe von Verlusten in Höhe von insgesamt 37.204,99 Euro. Ferner begehrt der Kläger die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten seiner Prozessbevollmächtigten, die er nach einem Streitwert von 37.204,99 Euro unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich einer Post- und Telekommunikation in Höhe von 20,00 Euro und Umsatzsteuer in Höhe von 279,70 Euro auf insgesamt 1.751,80 Euro berechnet.
12Der Kläger trägt vor, er habe im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze nicht gewusst, dass die getätigten Online-Glücksspiele in G. gesetzlich nicht erlaubt gewesen seien. Im Gegenteil sei er aufgrund der Selbstdarstellung der Beklagten und der Tatsache, dass die URL einfach aus G. zu erreichen war und kein Geoblocking stattgefunden habe, davon ausgegangen, dass es sich um vollkommen legale Angebote gehandelt habe.
13Der Kläger beantragt,
141. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 37.204,99 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.03.2024 zu zahlen;
152. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.751,80 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
1614.03.2024 freizustellen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie ist der Meinung, dass der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit seinem Beschluss vom 13.09.2022 entschieden habe, dass Verstöße gegen § 4 des Glücksspielstaatsvertrages in der Fassung vom 15.12.2011 (nachfolgend nur noch: „GlüStV 2012“) keine Rückgewähransprüche von Spielern begründen. Der XI. Zivilsenat des BGH habe seine Rechtsprechung zu § 4 GlüStV 2012 mit Urteil vom 19.09.2023 (Az. XI ZR 343/23) noch einmal bestätigt. Die Beklagte ist daher der Meinung, die zwischen dem Kläger und ihr geschlossenen Glücksspielverträge seien wirksam, sodass ein Anspruch aus § 812 BGB ausscheide. Auch andere Anspruchsgrundlagen kämen nicht in Betracht. Es gelte § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach Ansprüche des Klägers auf Rückerstattung ausscheiden. Hilfsweise hat die Beklagte beantragt, das Verfahren gem. § 148 Abs. 1 ZPO (analog) bis zu den Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen C-440/23 und C-530/24 auszusetzen.
20Die Beklagte behauptet, der Kläger habe bereits während seiner Spielteilnahme im Zeitraum von 2014 bis 2020 Kenntnis vom Genehmigungsstatus des Online-Glücksspiels gehabt. Tatsächlich hätten die Spieler – auch der Kläger – im Internet Zugang zu allen erforderlichen Informationen zum Online-Glücksspiel. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass der gewinnspielerfahrene Kläger dies nicht gewusst haben will (§ 286 ZPO). Vor dem Hintergrund der Investitionen des Klägers in Höhe von 236.586,14 Euro könne es nicht zur Diskussion stehen, dass der Kläger recherchiert habe. Eine solche Recherche sei ein typischer Geschehensablauf bei einer Online-Beteiligung an Glücksspielen. Bei dieser Recherche habe er zwangsläufig auf die Online-Glücksspiel-Thematik in G. stoßen müssen. Wer im Internet recherchiert habe, der habe (jedenfalls seit 2004) zwangsläufig auch alle erforderlichen Informationen über den Status des Online-Glücksspiels in G. gefunden. Beweistechnisch könne dies als Anscheinsbeweis gefasst werden. Selbst wenn man von einem bloßen Indizienbeweis ausgehe, sei die Annahme, der Kläger habe sich nicht leichtfertig vor der Kenntnis vom Genehmigungsstatus des Online-Glücksspiels verschlossen, lebensfremd. Im Falle des Online-Glücksspiels gebe es zumindest die folgenden Quellen zum Informationsbezug: Bewertungsportale zu den Gesellschaften der Beklagten, Allgemeine Medienberichterstattung über das Online-Glücksspiel, Spieler-Foren. Zur Online-Glücksspiel-Thematik habe es in G. seit Jahren, mindestens seit dem Jahr 2004, zahlreiche Medienberichte, auch in den Tagesmedien gegeben. Bereits im Jahr 2013 habe der Stern in einem Artikel auf die umstrittene Rechtslage im Zusammenhang mit dem Online-Glücksspiel sowie explizit auch auf ein mögliches Strafbarkeitsrisiko für die Spieler nach § 285 StGB hingewiesen. Der Münchner Merkur habe Anfang 2015 von einem Urteil des AG F., das einen Spieler, der im Internet Online-Casino gespielt hatte, strafrechtlich verurteilt habe, berichtet. Das Amtsgericht habe hierzu auch eine Presseerklärung herausgegeben, die ein weitreichendes Echo in der Presse gefunden habe. Seit der Reformdiskussion um den GlüStV 2012, also zumindest seit 2015, sei die Frage der Legalität des Online-Glücksspiels breit diskutiert worden. Die Online-Glücksspiel-Thematik habe insgesamt über Jahre eine massive Medienaufmerksamkeit erfahren. Besonders informativ seien die weitverbreiteten Spieler-Foren. Die Spieler hätten sich jedenfalls seit 2004 intensiv zur Frage der Legalität des Glücksspiels ausgetauscht.
21Die Beklagte ist im Übrigen der Meinung, dass ein unterstellter Anspruch des Klägers verjährt wäre. Für einen Anspruch aus § 812 BGB fehle es an einer Nichtigkeit des Vertrages (§ 134 BGB) und damit an der erforderlichen Rechtsgrundlosigkeit der von der Beklagten erlangten Spieleinsätze. Es gelte § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete nicht zurückgefordert werden könne. Selbst wenn eine Nichtigkeit der Verträge nach § 134 BGB angenommen würde, stünde die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB einem Anspruch des Spielers entgegen. Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 fehle es u.a. an der notwendigen Kausalität, einem Vermögensschaden, einer Schutzzweckverletzung und einem Verschulden der Beklagten. Die Rückforderung der Spieleinsätze durch den Kläger sei auch treuwidrig gem. § 242 BGB.
22Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Inhaltes der Parteianhörung wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 04.03.2025 (Bl. 1755-1760 GA).
I.
24Die Klage ist zulässig (unten 1.) und hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg (unten 2.).
251. Die Klage ist zulässig.
26a) Das Gericht ist international und örtlich zuständig.
27aa) Dies folgt zunächst aus Art. 18 Abs. 1 Alt. 2, 17 Abs. 1 c) der Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 (Amtsbl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1) über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-VO; im Folgenden: EuGVVO).
28Danach kann der „Verbraucher“ an seinem Wohnsitz einen Vertragspartner wegen Streitigkeiten „aus dem Vertrag“ verklagen, wenn der Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist als „Verbraucher“ in diesem Sinne anzusehen. Der Verbraucherbegriff ist autonom auszulegen. Art. 17 Abs. 1 EuGVVO erfasst danach alle Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt und die nicht in Bezug zu einer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit stehen (BGH, Urt. v. 28.02.2012 – XI ZR 9/11, NJW 2012, 1817, 1819 Rn. 28 m.w.Nachw.). Alleine aus dem Umstand, dass ein Spieler täglich viele Stunden an einem Spiel teilnimmt und dabei erhebliche Gewinne erzielt, folgt nicht, dass damit der Verlust der Verbrauchereigenschaft einhergeht (so ausdrücklich EuGH, Urt. v. 10.12.2020 – C-774/19, ZfWG 2021, 184, 186 ff. Rn. 23 ff.).
29Der Annahme der Verbrauchereigenschaft steht auch nicht entgegen, dass das Spielen des Klägers nicht der Freizeitbeschäftigung gedient hat, sondern der Kläger das rechtsmissbräuchliche und treuwidrige Geschäftsmodell des „Spielens ohne Risiko“ betreibt. In einem solchen Fall ist die Verbrauchereigenschaft zwar zu verneinen (vgl. zur Anwendbarkeit des § 242 BGB in einem solchen Fall LG F. I, Endurt. v. 13.04.2021 – 8 O 16058/20, BeckRS 2021, 11488 Rn. 36). Allerdings ist die Beklagte nach Auffassung des Gerichts insoweit darlegungs- und beweisbelastet, weil die Beklagte sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs beruft (§ 242 BGB). Die Beklagte hat insoweit indes nichts vorgetragen. Insbesondere folgt alleine aus dem Vortrag der Beklagten dazu, dass der Kläger bereits bei Vornahme seiner Einsätze die Genehmigungsstatus des Online-Glücksspiels gekannt habe, nicht, dass der Kläger das Geschäftsmodell des „Spielens ohne Risiko“ betrieben haben soll. Dies folgt auch nicht aus dem Inhalt der Anhörung des Klägers. Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte sich (sinngemäß) darauf beruft, der Kläger handele treuwidrig („nemo auditur propriam turpitudinem allegans“), weil er nach seinem eigenen Klagevortrag strafrechtlich relevant etwas Verbotenes getan habe, indem er an einem aus ihrer Sicht „unerlaubten“ und damit illegalen Glücksspiel teilgenommen hat (§ 285 StGB). Denn der Kläger hat auch vorgetragen und dies im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nach § 141 ZPO auch plausibel und nachvollziehbar geschildert, dass ihm das in Rede stehende Verbot nicht bekannt gewesen sei, weshalb er sich nach seinem Vorbringen in Ermangelung eines entsprechenden Vorsatzes (vgl. § 15 StGB) gerade nicht nach § 285 StGB strafbar gemacht hat (s. zum Erfordernis eines zumindest bedingt vorsätzlichen Handelns des Spielteilnehmers MünchKomm-StGB/Hohmann/Schreiner, 4. Aufl. 2022, § 285 Rn. 13). Dass gleichwohl von einem strafbaren Verhalten des Klägers auszugehen ist, hat die Beklagte weder dargetan noch unter Beweis gestellt. Allein die Annahme, das Vorbringen des Klägers sei „lebensfremd“ vermag die Annahme eines strafrechtlich relevanten Vorsatzes des Klägers nicht zu begründen. In diesem Zusammenhang schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Köln an, wonach davon auszugehen ist, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb gezielt (auch) auf den deutschen Markt ausgerichtet hat, indem die Internetseite auf Deutsch verfügbar ist, die Vertragssprache Deutsch ist und die AGB auf Deutsch sind (vgl. LG Köln, Urt. v. 16.03.2022 – 16 O 558/20, BeckRS 2022, 10177 Rn. 50). Soweit der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben hat, er habe Fernsehwerbung von E. gesehen und auch den Hinweis gehört, dass sich das Angebot nur an Personen mit Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein richte, folgt hieraus nichts Abweichendes. Der Kläger hat nämlich auch angegeben, dies zwar gehört, aber so nicht verstanden zu haben. Der Kläger hat hieraus also gerade nicht den Schluss gezogen, dass es sich um ein im Übrigen verbotenes Glücksspiel handelt. In diesem Zusammenhang muss sich die Beklagte zudem fragen lassen, weshalb sie die Werbung bundesweit geschaltet hat, wenn sie davon ausgegangen ist, dass potentielle Spieler die Beschränkung auf Personen mit Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein ernst nehmen. Auch soweit der Kläger angegeben hat, bei seiner Registrierung bei E. die AGB „wahrscheinlich“ bestätigt und auf der Homepage von E. einen Hinweis gelesen zu haben, dass die Beklagte ihren Sitz in C. hat, folgt hieraus nicht, dass dem Kläger die Verbotswidrigkeit des Online-Glücksspiels positiv bekannt gewesen ist und er demnach mit dem erforderlichen Vorsatz gehandelt hat (vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 109 f.). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte unstreitig für die von ihr unter den Marken U. und X. im Internet bis zum 14.10.2020 angebotenen Glücksspiele seit vielen Jahren, insbesondere auch im streitgegenständlichen Zeitraum, ununterbrochen über eine Glücksspielerlaubnis nach C. Recht verfügte. Allein aus dem Umstand, dass dem Beklagten bekannt war, wo die Beklagte ihren Sitz hat, folgt daher ersichtlich nicht, dass dem Kläger die Verbotswidrigkeit des Online-Glücksspiels bekannt gewesen ist. Letztlich wäre es an der Beklagten gewesen, ihre Kunden transparent auf die Rechtslage und eine (mögliche) Verbotswidrigkeit hinzuweisen. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die Verbotswidrigkeit der von ihm getätigten Online-Glücksspiele positiv bekannt gewesen ist und er daher mit dem notwendigen Vorsatz gehandelt hat (vgl. §§ 15, 16 Abs. 1 Satz 1 StGB). Auch können die Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung entgegen der Auffassung der Beklagten im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen nicht als „lebensfremd“ bewertet werden. Die Beklagte hat jedenfalls keinen Beweis für ein vorsätzliches Handeln des Klägers angeboten.
30Auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 c) EuGVVO liegen vor. Die Beklagte als Vertragspartner hat ihr gewerbliches Angebot der Veranstaltung von Glücksspielen auf G., wo der Kläger seinen Wohnsitz hat, ausgerichtet, indem sie ihre Dienste über ihre deutschsprachigen Internetdomains, nämlich www. U. und www.X., Kunden in G. angeboten hat. Einigkeit besteht darüber, dass das autonom auszulegende Tatbestandsmerkmal des „Ausrichtens“ jedenfalls erfüllt ist, wenn dem Vertragsschluss im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung des Vertragspartners vorausgegangen ist. Mit dem Anbieten der Dienste in deutscher Sprache kommt zum Ausdruck, dass eine Werbung um Kunden in G. und auch ein Angebot der Dienste insbesondere in G., dem Wohnsitzstaat des Klägers, durch die Beklagte beabsichtigt und angestrebt war (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 19 U 92/23, juris Rn. 4). Das „Ausrichten“ der Tätigkeit i.S. des Art. 17 Abs. 1 c) EuGVVO ist vorliegend auch ausreichend. Auf den Ort des Vertragsschlusses oder der hierfür erforderlichen Rechtshandlungen kommt es nicht an. Wo die Handlungen, die zum Vertragsschuss geführt haben, vorgenommen worden sind, ist im Übrigen bei einem Vertragsschluss im Internet selten feststellbar. Der Schaden ist dort eingetreten, wo der Kläger seinen regelmäßigen Wohnsitz hat. Anders als im Rahmen des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, auf den im Folgenden noch gesondert einzugehen sein wird, eröffnet bei Art. 17 EuGVVO auch der Schadensort für deliktische Ansprüche eine internationale Zuständigkeit, es ist nicht allein auf den Erfolgsort abzustellen (vgl. hierzu LG Meiningen, Versäumnisurt. v. 26.01.2021 – 2 O 616/20, BeckRS 2021, 26548 Rn. 12 m.w.Nachw.).
31Schließlich gilt Art. 17 Abs. 1 EuGVVO auch für Bereicherungsansprüche als Folge der Rückabwicklung des Vertrages (vgl. BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 7; OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 19 U 92/23, juris Rn. 4; LG F. II, Endurt. v. 17.01.2024 – 9 O 1243/23, BeckRS 2024, 1516 Rn. 24; LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 21.09.2021 – 2 O 296/20, BeckRS 2021, 26917; Rn. 16; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. 17 EuGVVO Rn. 5; Zöller/Geimer, ZPO, 35. Aufl. 2024, Art. 17 EuGVVO Rn. 17; Hk-ZPO/Dörner, 10. Aufl. 2023, Art. 17 EuGVVO Rn. 6). Aus der Entscheidung des EuGH vom 13.10.2005 (vgl. EuGH, Urt. v. 13.10.2005 – C-74/04, RIW 2006, 58 ff.) folgt nichts Abweichendes, weil die vorgenannte Entscheidung die Auslegung des Art. 16 Nr. 1 a) des Übereinkommens vom 27.09.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen betrifft, der nicht Art. 18 EuGVVO entspricht, sondern Art. 24 Nr. 1 EuGVVO, dessen Anwendung vorliegend indes nicht in Rede steht.
32Die Beklagte hat sich im Übrigen rügelos i.S. des Art. § 26 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO eingelassen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 24).
33bb) Darüber hinaus folgt die internationale Zuständigkeit des Gerichts aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Insoweit folgt die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus dem Umstand, dass der Kläger seinen Anspruch auch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV 2021, § 284 Abs. 1 StGB stützt. Das schädigende Ereignis auf Grund dieser Anspruchsgrundlagen waren die Zahlungen des Klägers an die Beklagte. Die Zahlungen gab der Kläger bei sich in Auftrag. Nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO besteht ein Gerichtsstand sowohl am – nach der EuGVVO autonom zu bestimmenden – Handlungs- als auch am Erfolgsort (vgl. EuGH, Urt. v. 28.01.2015 – C-375/13, NJW 2015, 1581, 1583 Rn. 45). In der vorgenannten Entscheidung hat der EuGH zudem ausgeführt, dass zwar bei einem Vermögensschaden nicht grundsätzlich der Wohnort des Geschädigten als Erfolgsort angenommen werden kann (EuGH, Urt. v. 28.01.2015 – C-375/13, NJW 2015, 1581, 1583 Rn. 49). Eine Zuständigkeit am Wohnort besteht aber, wenn dieser „tatsächlich der Ort des ursächlichen Geschehens oder der Verwirklichung des Schadenserfolgs“ ist (EuGH, Urt. v. 28.01.2015 – C-375/13, NJW 2015, 1581, 1583 Rn. 50). Das ist vorliegend indes der Fall. Der Geldabfluss, und damit der Schaden, hat sich unmittelbar in G. verwirklicht (vgl. LG Meiningen, Versäumnisurt. v. 26.01.2021 – 2 O 616/20, BeckRS 2021, 26548 Rn. 13).
34b) Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts folgt aus §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG.
35c) Der Klageantrag zu 1) ist darüber hinaus hinreichend bestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, in dem streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt Einzahlungen in Höhe von 30.900,00 Euro bzw. 205.686,14 Euro an die Beklagte geleistet zu haben. Hiervon hat er Auszahlungen der Beklagten in Höhe von 26.752,64 Euro sowie 172.628,51 Euro in Abzug gebracht, wobei die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, noch zwei weitere Auszahlungen in Höhe von jeweils 1.000,00 Euro im Juni und Juli 2020 vorgenommen zu haben. Ein weitergehender Vortrag zu den Ein- und Auszahlungen war nicht erforderlich, weil nach der im Rahmen der §§ 812, 818 BGB anzuwendenden sog. Saldotheorie alle erbrachten Leistungen einschließlich aller Vor- und Nachteile miteinander zu verrechnen sind. Im Hinblick hierauf ist das Vorbringen des Klägers schlüssig, ohne dass es darauf ankommt, ob die Bezugnahme auf die Anlagen K 1-1 und K 1-2 ausreichend ist. Die Rechtsprechung hat ein Klagevorbringen etwa dann nicht ausreichen lassen, wenn Ein- und Auszahlungen eines Spielers sowohl bezogen auf Online-Casinospiele als auch
36Online-Sportwetten getätigt worden sind (vgl. LG F. II, Endurt. v. 17.01.2024 – 9 O 1243/23, BeckRS 2024, 1516 Rn. 30 ff. mit der unzutreffenden Bewertung, der Vortrag sei „unsubstantiiert“). Ein solcher Fall ist vorliegend indes nicht gegeben.
372. Die Klage hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung in Höhe der im streitgegenständlichen Zeitraum aufgelaufenen Verluste, also in Höhe von insgesamt 35.204,99 Euro, nebst Zinsen sowie die Freistellung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verlangen. Die weitergehende Klage ist dagegen unbegründet und abzuweisen.
38Im Einzelnen:
39a) Das Gericht geht zunächst davon aus, dass auf den vorliegenden Rechtsstreit deutsches Recht anwendbar ist. Dies folgt, soweit es um Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geht, aus Art. 12 Abs. 1 e) Rom-I-VO. Danach ist für die Folgen der Nichtigkeit eines Vertrages, insbesondere die Rückgewähr der erbrachten Leistungen, das Vertragsstatut maßgebend. Nach Art. 6 Abs. 1 b) Rom-I-VO unterliegt ein Verbrauchervertrag dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Dies ist vorliegend nach dem oben zu Art. 18 EuGVVO Gesagten der Fall (s. zum Ganzen überzeugend BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 8; OLG Hamm, Beschl. v. 12.11.2021 – 12 W 13/21, BeckRS 2021, 37639 Rn. 13; OLG Frankfurt a.M., Beschl.v. 8.4.2022 – 23 U 55/21, BeckRS 2022, 12872 Rn. 43; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 31; Segna, WM 2022, 1909, 1910). Zu einer – unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom-I-VO wirksamen (vgl. hierzu etwa OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.2023 – 14 U 256/21, ZfWG 2023, 444, juris Rn. 43 ff.) – abweichenden Rechtswahl hat die Beklagte nichts vorgetragen.
40Bezogen auf die von dem Kläger ebenfalls geltend gemachten deliktsrechtlichen Ansprüche folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus dem in Folge des Geldabflusses in G. belegenen Schadensort einschlägigen Art. 4 Abs. 1 Rom-II-VO (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 32; LG Meiningen, Versäumnisurt. v. 26.01.2021 – 2 O 616/20, BeckRS 2021, 26548 Rn. 16; Segna, WM 2022, 1909, 1910 f.).
41b) Dem Kläger steht ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zunächst aus Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) zu.
42aa) Die Beklagte hat mit dem Empfang von Spielerzahlungen, also der Gutschrift der Wetteinsätze des Klägers auf seinen Konten, „etwas erlangt“ (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 19 U 92/23, juris Rn. 10). Die Zahlungen zum Zwecke des Glücksspiels stellen zudem eine Leistung dar, denn sie erfolgten zur Erfüllung von (vermeintlichen) Verbindlichkeiten aus den Spielverträgen. Ob die Beklagte anschließende Beträge an andere Spieler ausgezahlt hat, mag im Rahmen der Prüfung einer Entreicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB relevant sein – wobei die Beklagte zu einer Entreicherung nicht schlüssig vorgetragen hat –, an der zwischen den Parteien bestehenden unmittelbaren Leistungsbeziehung ändert sich hierdurch jedoch nichts (vgl. OLG Köln, Urt. v. 31.10.2022 – 19 U 51/22, juris Rn. 51).
43bb) Die Zahlungen des Klägers sind zudem ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die mit der Beklagten im Rahmen der Vornahme der Online-Glücksspiele abgeschlossenen Verträge gem. § 134 BGB nichtig sind.
44(1) Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Bei der Prüfung dieser rechtshindernden Einwendung ist in zwei Schritten vorzugehen: In einem ersten Schritt ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob sich aus der in Frage stehenden Norm ein Verbot ergibt. Das ist der Fall, wenn die Norm eine nach der Rechtsordnung grundsätzlich mögliche rechtsgeschäftliche Regelung wegen ihres Inhalts oder wegen der Umstände ihres Zustandekommens untersagt. Verbotsgesetze betreffen damit Rechtsgeschäfte, die der Betroffene vornehmen kann, aber nicht vornehmen darf. In einem zweiten Schritt ist – wiederum durch Auslegung – zu ermitteln, ob ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz die zivilrechtliche Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach sich zieht. Kann die Nichtigkeitssanktion nicht dem Wortlaut des Verbotsgesetzes entnommen werden, entscheiden Sinn und Zweck der Regelung. Richtet sich das gesetzliche Verbot nur gegen eine Partei, ist das verbotswidrige Geschäft in der Regel gültig, doch kann sich aus dem Zweck der Verbotsnorm etwas anderes ergeben. Führt die Auslegung zu keinem klaren Ergebnis, greift die in § 134 BGB enthaltene Auslegungsregel ein, wonach bei einem Verstoß gegen ein Verbotsgesetz im Zweifel Nichtigkeit eintritt. Im Allgemeinen genügt es für § 134 BGB, wenn der Tatbestand des Verbotsgesetzes objektiv erfüllt ist. Ob die Parteien das Verbot kannten oder hätten kennen müssen, kann jedoch für die bereicherungsrechtlichen Konsequenzen der Nichtigkeit, nämlich den Kondiktionsausschluss nach § 817 Satz 2 BGB, von Bedeutung sein (s. zum Ganzen Segna, WM 2022, 1909, 1911 m.w.Nachw.).
45(2) Da vorliegend Spieleinsätze des Klägers in dem Zeitraum bis 14.10.2020 in Rede stehen, ist die Frage nach einem Verstoß gegen § 134 BGB zunächst nach dem GlüStV 2012 zu beurteilen. Maßgeblich für die Beurteilung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB ist das zum Zeitpunkt des Verstoßes geltende Verbotsgesetz. Wird das Verbot nachträglich aufgehoben, führt nur eine bestätigende Neuvornahme gem. § 141 BGB zur Wirksamkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 21). Im Hinblick hierauf ist vorliegend unerheblich, wie die Wirksamkeit der Verträge unter Geltung des Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 5 GlüStV 2021 zu beurteilen wäre.
46Die Beklagte hat durch das öffentliche Angebot von Online-Glücksspielen gegen die Regelungen in § 4 Abs. 1, 4 und 5 GlüStV 2012 verstoßen. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und das Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sowie die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel sind gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verboten. Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet war in dem hier maßgeblichen Zeitraum gem. § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verboten. Ein Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Glücksspiele im Internet besteht nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten, nicht jedoch für sonstige öffentliche Glücksspiele wie insbesondere Casino- und Automatenspiele (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 13). Ein Glücksspiel liegt gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach Satz 2 hängt die Entscheidung über den Gewinn in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Öffentlich ist ein Glücksspiel gem.
47§ 3 Abs. 2 GlüStV 2012, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 14; BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 12). All diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
48Die Beklagte hat unstreitig im für den Streitfall relevanten Zeitraum über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes H. nicht verfügt. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, bereits im Jahr 2012 eine bundesweite Konzession beantragt zu haben, ist dieses Vorbringen unbeachtlich, da dieses ausschließlich das Angebot von – vorliegend nicht streitgegenständlichen – Sportwetten betrifft, für das § 4a Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 im Rahmen der sogenannten Experimentierklausel des § 10a GlüStV 2012 die Erteilung einer Konzession ermöglicht. Diese gab dem Konzessionsnehmer nach näherer Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 GlüStV 2012 das Recht, abweichend vom Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 Sportwetten auch im Internet zu veranstalten und zu vermitteln (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 13). Das weitere Vorbingen der Beklagten dazu, dass vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport das Konzessionsverfahren geführt wurde und das Ministerium nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Beklagte alle Voraussetzungen einer Konzessionserteilung erfülle, und die Erteilung einer Konzession angekündigt habe, ist ebenfalls für die vorliegend in Rede stehenden Online-Glücksspiele ohne Belang. Selbst für Sportwetten kommt es nicht darauf an, dass die zuständige Behörde zur Erteilung einer Konzession verpflichtet gewesen sein mag (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 24). Die Beklagte selbst hat im Übrigen vorgetragen, dass der E. (G.) Limited erst am 09.10.2020 eine Konzession für das Sportwetten-Angebot auf www.bwin.de erteilt worden ist. Im Jahr 2022 erhielt die
49Unternehmensgruppe der Beklagten weitere Lizenzen für Automatenspiele und Online-Poker. Diese Lizenzen betreffen E. (G.) Limited für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele, A. (G.) Limited für virtuelle Automatenspiele, sowie D. (G.) Limited für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele. Damit hat aber die Beklagte selbst ausgeführt, dass sie im hier maßgeblichen Zeitraum über keine Konzession in H. verfügt hat. Durch den Umlaufbeschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder vom 08.09.2020 sind unerlaubte Glücksspiele – insbesondere solche, die vor diesem Zeitpunkt getätigt worden sind – nicht im Wege eines Verwaltungsakts legalisiert worden. Die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder haben sich darin lediglich auf ein koordiniertes Vorgehen in der Glücksspielaufsicht verständigt, ohne verbindlich vorzugeben, dass gegen bestimmte unerlaubte Glücksspielangebote nicht mehr vorgegangen werden soll (zu Casino- und Automatenspielen vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2021 – I ZR 194/20, GRUR 2021, 1534, juris Rn. 54; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 52 ff.; zu Sportwetten vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 25).
50(3) Die Vorschrift des § 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV 2012 stellt ein gesetzliches Verbot i.S. des § 134 BGB dar. Als Verbotsgesetz kommen auch landesrechtliche Normen in Betracht (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 20 m.w.Nachw.; BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 15). Der zwischen den Ländern geschlossene Glücksspielstaatsvertrag 2012 wurde von den einzelnen Landesgesetzgebern ratifiziert und jeweils in den Rang eines Landesgesetzes erhoben. Bei § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 handelt es sich schon nach dem Wortlaut der Regelungen („sind verboten“ bzw. „ist verboten“) um gesetzliche Verbote i.S. des § 134 BGB. Anders als für Sportwetten sehen die Regelungen des GlüStV 2012 keinen Erlaubnisvorbehalt für Online-Glücksspiele im Übrigen vor. Jedenfalls folgt selbst aus dem in § 4 Abs. 5, § 4a Abs. 1 GlüStV 2012 geregelten Erlaubnisvorbehalt nicht, dass es sich um ein dispositives und damit nicht um ein gesetzliches Verbot handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 22).
51(4) Aus dem Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV 2012 folgt die Nichtigkeit der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Online-Glücksspielverträge (vgl. BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 17 ff.; OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 19 U 92/23, juris Rn. 13 f.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.2023 – 14 U 256/21, ZfWG 2023, 444, juris Rn. 72 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 58; Segna, WM 2022, 1909, 1911 f. m.w.Nachw.; a.A. Koenig/Wittum, ZfWG 2023, 2, 4 ff.; s. zum Streitstand jew. m.w.Nachw. Rock, ZfWG 2022, 118 ff.; dens., ZfWG 2023, 231 ff.; Koenig/Wittum, ZfWG 2023, 2 f.). Grundsätzlich erfordert der Schutzzweck dieses gesetzlichen Verbots die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB. Wenn das Verbotsgesetz – § 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV 2012 – keine ausdrückliche Rechtsfolgenregelung enthält, ist die Frage, ob der Verstoß gegen das Verbot zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, nach dem Zweck des Verbotsgesetzes zu beantworten. Dabei hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz in der Regel die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur Folge, wenn sich das Verbot gegen beide Seiten richtet. In besonderen Fällen kann sich die Nichtigkeit allerdings auch aus einem einseitigen Verstoß ergeben, falls nämlich der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf. Eine solche Ausnahme liegt etwa vor, wenn der angestrebte Schutz des Vertragspartners die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert oder wenn der Erfüllungsanspruch auf eine unerlaubte Tätigkeit gerichtet ist. Reicht es dagegen aus, dem gesetzlichen Verbot durch verwaltungs- oder strafrechtliche Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, hat die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit daneben keinen Platz (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 27 m.w.Nachw.).
52Der Zweck des gesetzlichen Verbots nach § 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV 2012, die Bevölkerung vor von öffentlichen Glücksspielen ausgehenden Gefahren zu schützen, erfordert grundsätzlich die Nichtigkeit der auf Grundlage eines Internetangebots unter einseitigem Verstoß gegen die Erlaubnispflicht geschlossenen Glücksspielverträge (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 28 m.w.Nachw.; vgl. allgemein zu Online-Glücksspielen und § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 Segna, WM 2022, 1909, 1911; a.A. Köhler, NJW 2023, 2449, 2452 f.). Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags bestehen gem. § 1 GlüStV 2012 gleichrangig unter anderem darin, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (Nr. 1), durch ein begrenztes erlaubtes Glücksspielangebot den Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken (Nr. 2), den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten (Nr. 3) und sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt sowie die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden (Nr. 4). Die effektive Durchsetzung der genannten legitimen Ziele erfordert grundsätzlich die Nichtigkeit der unter Verstoß gegen die Erlaubnispflicht auf Grundlage eines Internetangebots geschlossenen Glücksspielverträge. Über das Internet angebotene Spiele weisen wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen Verbraucher und Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotential für jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht. Dabei fällt insbesondere auch die für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugänglichkeit zu einem sehr großen internationalen Spielangebot ins Gewicht (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 30 m.w.Nachw.). Gegen die Schutzbedürftigkeit der Spieler spricht dabei nicht, dass das Verlustrisiko bei erlaubten Spielen ebenfalls besteht und jedem Spieler bekannt sein muss. Das gesetzliche Verbot dient auch dem Schutz des Spielers vor sich selbst. Wegen der auf viele Menschen wirkenden besonderen Reize von Glücksspielen und der niedrigen sozialen Hemmschwellen beim Online-Glücksspiel soll es verhindern, dass spielsüchtige und spielsuchtgefährdete Menschen außerhalb jeder aufsichtsrechtlichen Kontrolle in die Lage geraten, trotz des vorhandenen Wissens um das Verlustrisiko – womöglich erhebliche – Verluste zu erleiden (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 31 m.w.Nachw.; BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 23). Ginge man dagegen von der zivilrechtlichen Wirksamkeit der verbotenen Glücksspielverträge aus und verwiese die Spieler lediglich auf Schadensersatzansprüche, wenn es im Einzelfall zu einer Verletzung ihrer geschützten Interessen kommt, wie etwa bei fehlender Rücksichtnahme auf die Schutzbedürftigkeit des Spielers oder bei Manipulation des Spiels (vgl. hierzu Köhler, NJW 2023, 2449, 2453), bliebe der mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 angestrebte Schutz der Bevölkerung unzureichend. Das gesetzliche Verbot richtet sich nicht lediglich gegen eine bestimmte Art der Durchführung des Geschäfts, sondern soll insbesondere die negativen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen für die Spieler verhindern, die durch das Glücksspiel eintreten können. Aus diesem Grund ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeit von unter Verstoß gegen Ordnungsvorschriften geschlossenen, aber ansonsten unbedenklichen Rechtsgeschäften nicht auf Glücksspielverträge übertragbar (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 32 m.w.Nachw.).
53Da § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 – anders als für Sportwetten – keine Möglichkeit vorsieht, die Veranstaltung von Casino- oder Automatenspielen im Internet zu erlauben, hat es bei der Nichtigkeitsfolge zu verbleiben. Abgesehen hiervon führt selbst der dort für Sportwetten vorgesehene Erlaubnisvorbehalt nicht dazu, dass die Nichtigkeit unerlaubter Sportwettenverträge nicht mehr erforderlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 33 f.). Dies gilt erst recht für die hier in Rede stehenden Casinospiele.
54Durch verwaltungs- und strafrechtliche Maßnahmen kann dem gesetzlichen Verbot kein hinreichender Nachdruck verliehen werden. Unerlaubte Glücksspiele im Internet werden überwiegend aus dem Ausland angeboten. Diese Anbieter können sich auf diese Weise dem Zugriff deutscher Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden weitgehend entziehen. Sehen sich diese Anbieter dem Risiko ausgesetzt, die Einsätze der Spieler zurückzahlen zu müssen, leistet dies einen erheblichen Beitrag dazu, unerlaubte Glücksspiele zurückzudrängen und so die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags zu erreichen (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 35; BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 54).
55Zu keinem anderen Ergebnis führt die Erwägung, dass durch die Nichtigkeitsfolge für Spieler Fehlanreize entstehen könnten, wenn diese animiert würden, risikolos Einsätze zu tätigen. Gem. § 817 Satz 2 Hs. 1 Ts. 1 BGB ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt, etwa durch strafbare Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel nach § 285 StGB. Etwaige Fehlanreize bei Spielern betreffen zudem nur Einzelfälle, während der die Regelungsziele des Glücksspielstaatsvertrags unterstützende Anreiz, auf nicht erlaubnisfähige Glücksspielangebote zu verzichten, für alle Anbieter besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 36; BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 28; s. hierzu überzeugend auch Segna, WM 2022, 1909, 1915 im Rahmen des § 817 Satz 2 BGB; nicht überzeugend daher die Argumentation bei Koenig/Wittum, ZfWG 2023, 2, 6 f.).
56Entgegen der (wiederholt und bis zuletzt vertretenen) Auffassung der Beklagten widerspricht die Nichtigkeitsfolge nicht der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (s. zum Folgenden BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 37 ff.). Danach führt der Verstoß eines Zahlungsdienstleisters gegen das Verbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2012, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitzuwirken, indem er den vom Spieler autorisierten Zahlungsvorgang ausführt, nicht zur Nichtigkeit der Autorisierung der Kreditkartenzahlung (vgl. BGH, Beschl. v. 13.09.2022 - XI ZR 515/21, ZfWG 2023, 51, juris Rn. 12). Die Nichtigkeit der Glücksspielverträge hat der XI. Zivilsenat offengelassen. Die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats basiert maßgeblich darauf, dass der an den Zahlungsdienstleister gerichteten Verbotsnorm des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2012 mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2012 eine entsprechende Befugnisnorm der Glücksspielaufsichtsbehörde zur Seite gestellt ist. Sie ermöglicht die Inanspruchnahme der am Zahlungsverkehr Beteiligten als verantwortliche Störer, sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt worden ist.
57Nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Willen der Landesgesetzgeber sind beide Vorschriften in einem Zusammenhang zu sehen. Dies lässt auf den Willen der Landesgesetzgeber schließen, dass durch § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2012 nicht in das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer eingegriffen werden soll. Diese Überlegungen lassen sich nicht auf das Verhältnis zwischen Glücksspielanbieter und Spieler übertragen (s. hierzu auch LG B., Hinweisbeschl. v. 10.04.2024 – 15 O 179/23, Seite 9 f.). Das an den Zahlungsdienstleister gerichtete Verbot und die damit zusammenhängende Befugnis der Glücksspielaufsicht dienen dazu, über den Zahlungsdienstleister mittelbar auf die Glücksspielanbieter einzuwirken, insbesondere auch auf die Anbieter, die ihren Sitz im Ausland haben und für deutsche Behörden daher kaum erreichbar sind. Es ist kein Wille der Landesgesetzgeber erkennbar, das Vorgehen gegen Glücksspielanbieter, die gegen das im Glücksspielstaatsvertrag geregelte Verbot verstoßen, zu begrenzen und insbesondere nicht in das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Glücksspielanbieter und Spieler einzugreifen (so ausdrücklich BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 39).
58Soweit der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs erwogen hat, ob die mit gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßenden Sportwettenverträgen rechtsgeschäftlich getroffene Regelung hingenommen werden kann, wenn der Sportwettenanbieter – wie die Beklagte – im maßgeblichen Zeitraum bereits eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hat, das für diesen Antrag geltende Konzessionserteilungsverfahren aber unionsrechtswidrig war, und das Sportwettenangebot dieses Anbieters daher weder verwaltungsrechtlich untersagt noch strafrechtlich sanktioniert werden konnte (s. hierzu BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 45 ff.), kommt es hierauf vorliegend schon deshalb nicht an, weil es sich bei den zwischen den Parteien geschlossenen Verträgen gerade nicht um Sportwetten handelte. Jedenfalls ist für eine solche Einschränkung jedenfalls deshalb kein Raum, weil – worauf im Folgenden noch näher einzugehen sein wird – das Online-Glücksspielangebot der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionsverfahren nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 45 ff.).
59(5) Das im Glücksspielstaatsvertrag 2012 vorgesehene Verbot steht mit dem Unionsrecht grundsätzlich in Einklang. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein. Die Regelung von Glücksspielen gehört zu den Bereichen, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, deren Sache es ist, im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben (vgl. EuGH, Urt. v. 24.01.2013 – C-186/11 und C209/11, GRUR 2013, 524, juris Rn. 23 f.; EuGH, Urt. v. 12.06.2014 – C-156/13, GRUR 2014, 876, juris Rn. 23 f.). Daher ist es Sache der Mitgliedstaaten, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihnen verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. EuGH, Urt. v. 24.01.2013 – C-186/11 und C-209/11, GRUR 2013, 524, juris Rn. 44). Etwaige praktische Probleme des Staats, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung des Verbots nicht in Frage zu stellen. Eine Pflicht der Mitgliedstaaten, eine von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis anzuerkennen, ergibt sich aus dem Unionsrecht nicht (vgl. EuGH, Urt. v. 08.09.2010 – C 316/07 u.a., NVwZ 2010, 1409, juris Rn. 112; EuGH, Urt. v. 12.09.2013 – C-660/11 und C-8/12, ZfWG 2013, 391, juris Rn. 40 f.; BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 16; BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 59; BGH, Beschl. v. 26.01.2023 – I ZR 79/22, ZfWG 2023, 262, juris Rn. 26; BGH, Beschl. v. 23.01.2025 – I ZB 39/24, juris Rn. 27; OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 19 U 92/23, juris Rn. 16; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 51).
60Allerdings muss ein Mitgliedstaat bei Einführung eines Glücksspielverbots insbesondere die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beachten. Soweit die Beklagte insoweit zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die Kammer in vergleichbaren Verfahren diese nach § 148 ZPO (analog) bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dem dort anhängigen Vorlageverfahren Az. C-440/23 ausgesetzt hat, beruht dies auf dem Umstand, dass es in Verfahren wie dem vorliegenden nicht um die Unionrechtskonformität des in § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 für Sportwetten geregelten Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt geht (zur Notwendigkeit einer Vorlage in diesen Verfahren im Hinblick auf die Frage, wie sich die unionsrechtswidrige Durchführung des Konzessionsverfahrens auf die Frage der Auslegung des nationalen Rechts auswirkt vgl. BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 9, 61), sondern darum, ob das für sonstige OnlineGlücksspiele wie Casino-, Poker- oder Automatenspiele geltende Totalverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 mit Unionsrecht in Einklang steht (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 30). Hiermit hat sich der EuGH (Az. C-440/23) in dem Vorlageverfahren eines maltesischen Gerichts zu befassen. Diese Frage ist in der Tat nach Auffassung des Gerichts klärungsbedürftig und daher die Entscheidung des EuGH abzuwarten (a.A. etwa OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 150 ff.), weil bei Annahme einer fehlenden Unionsrechtskonformität der Verbotsnorm des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 zumindest möglich erscheint, dass jedenfalls dann, wenn der Anbieter – wie vorliegend die Beklagte – für die von ihm angebotenen Online-Glücksspiele über eine Glücksspielerlaubnis nach dem mitgliedstaatlichen Recht verfügt und die Glücksspiele im Einklang mit dieser Lizenz angeboten wurden, was von der zuständigen Aufsichtsbehörde im Mitgliedstaat fortlaufend überwacht wurde, der Verstoß gegen das nationalstaatliche Verbot nicht die Annahme rechtfertigt, die zugrunde liegenden Verträge seien nichtig (zur Annahme einer generellen Nichtigkeit von Verträgen neigend, sofern die erforderliche Konzession nicht vorgelegen hat BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 49 ff.; von einer Unionsrechtskonformität des Totalverbots ausgehend OLG Stuttgart, Urt. v. 24.05.2024 – 5 U 101/23, juris Rn. 61 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 61 ff.) bzw. bei den nationalen Bestimmungen handele es sich um Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2 BGB, die entsprechende Schadensersatzansprüche zugunsten der Spieler begründen könnten. Dies könnte dann zur Folge haben, dass bei einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 134 BGB von einer Wirksamkeit der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Verträge ausgegangen werden müsste und § 823 Abs. 2 BGB nicht als Schutzgesetz angesehen werden könnte, die Klage also unbegründet wäre. Dabei wird es ggf. auch darauf ankommen, ob und aufgrund welcher Erwägungen der EuGH – insbesondere auf den Vorlagebeschluss des BGH vom 25.07.2024 (Az.: I ZR 90/23) – davon ausgeht, dass die unionsrechtswidrige Durchführung des Konzessionsverfahrens zu einer abweichenden Auslegung des nationalen Rechts (§§ 134, 823 Abs. 2 BGB) zwingt. Im Hinblick hierauf müsste dann ggf. auch der Ausgang des weiteren Vorlageverfahrens Az. C-530/24 abgewartet werden.
61Gleichwohl ist vorliegend entgegen der Auffassung der Beklagten eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO analog nicht geboten. Denn die Annahme, das Unionsrecht stehe der bei einem Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 aus § 134 BGB folgenden Nichtigkeit sowie einer Auslegung des § 823 Abs. 2 BGB als Schutzgesetz entgegen, wäre von vorneherein allenfalls dann gerechtfertigt, wenn das von der Beklagten angebotene Glücksspiel nach nationalem Recht auch konzessionsfähig wäre. Hiervon kann indes nicht ausgegangen werden. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 GlüStV 2012 setzt die Erteilung einer Erlaubnis abweichend von § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 u.a. voraus, dass der Höchsteinsatz je Spieler grundsätzlich einen Betrag von 1.000 Euro pro Monat nicht übersteigen darf. Diese Voraussetzung liegt hier für das von der Beklagten in dem streitgegenständlichen Zeitraum angebotene Glücksspiel indes unstreitig nicht vor. Dabei ist unerheblich, ob sich ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 konkret auf die geschlossenen Sportwettenverträge ausgewirkt hat, also jeder einzelne Wettvertrag unter Verstoß gegen den monatlichen Höchsteinsatz von 1.000 Euro je Spieler zustande gekommen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Sportwettenangebot bereits insgesamt nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig war, weil es dem materiellen Glücksspielrecht widersprach (so zutreffend BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 42). Das Unionsrecht gebietet es nicht, solche Glücksspielangebote zivilrechtlich als wirksam zu behandeln. Ein Veranstalter von Online-Glücksspielen kann aus dem Unionsrecht keine Rechte herleiten, die er auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionserteilungsverfahren nicht hätte erlangen können (vgl. BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 39 m.w.Nachw.; BGH, Beschl. v. 22.03.2024 – I ZR 88/23, NJW 2024, 1950, juris Rn. 48 ff.). Soweit der I. Zivilsenat gleichwohl Verfahren ausgesetzt hat, beruhte dies entgegen der Auffassung der Beklagten maßgeblich darauf, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob die dortige Beklagte die spielerschützenden Regelungen des materiellen Glücksspielrechts gegenüber dem dortigen Kläger eingehalten hat. Dies hat der Bundesgerichtshof sodann für das Revisionsverfahren unterstellt (so ausdrücklich BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 38 ff., 48). Vorliegend hat das Gericht als Tatsacheninstanz indes dahingehende Feststellungen zu treffen und auch getroffen.
62Insoweit ist nämlich unstreitig geblieben, dass die Beklagte die spielerschützenden Regelungen des materiellen Glücksspielrechts gegenüber dem Kläger gerade nicht eingehalten hat. Daher ist in jedem Fall – also selbst bei Annahme einer Unionsrechtswidrigkeit des Totalverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 – von einer Nichtigkeit der Verträge auszugehen und eine Aussetzung des Verfahrens daher nicht geboten. Die von der Beklagten in Bezug genommene Presseerklärung (Nr. 155/2024) des Bundesgerichtshofs betraf das vorgenannte Verfahren Az. I ZR 90/23, in dem der Bundesgerichtshof allein aus den dargelegten Gründen im Revisionsverfahren zugunsten der dortigen Beklagten unterstellt hat, dass die spielerschützenden Regelungen des materiellen Glücksspielrechts gegenüber dem Kläger eingehalten wurden. Soweit der I. Zivilsenat im Rahmen einer Gegenvorstellung gegen den Vorlagebeschluss vom 25.07.2024 dargelegt hat, es habe sich bei seinen Ausführungen (vgl. BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 38-47), die Verträge könnten unabhängig von der unionsrechtlichen Beurteilung wegen Nichteinhaltung des materiellen Glücksspielrechts nichtig sein, lediglich um eine vorläufige Einschätzung gehandelt (so BGH, Beschl. v. 07.11.2024 – I ZR 90/23, juris Rn. 8), folgt hieraus nichts Abweichendes. Das erkennende Gericht hält diese vorläufige Einschätzung des I. Zivilsenats für rechtlich zutreffend (s. hierzu insbesondere überzeugend BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 39-46) und legt sie daher seiner Entscheidung zugrunde. Durchgreifende rechtliche Argumente hiergegen hat die Beklagte nicht angeführt. Vielmehr folgt gerade aus dem vorgenannten Beschluss des I. Zivilsenats vom 07.11.2024, dass selbst dann, wenn – unter Berücksichtigung der Vorabentscheidung durch den EuGH – keine Nichtigkeit der Verträge allein wegen der fehlenden Konzession anzunehmen sein sollte, sich die Frage stellt, ob sie wegen Nichteinhaltung des materiellen Glücksspielrechts nichtig sind (so ausdrücklich BGH, Beschl. v. 07.11.2024 – I ZR 90/23, juris Rn. 8). Im Hinblick hierauf wäre aber selbst bei einer Unionsrechtswidrigkeit des Totalverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 von einer Nichtigkeit der Verträge auszugehen, weshalb eine Aussetzung des Verfahrens nicht geboten ist.
63(6) Darüber hinaus stellen die §§ 284, 285 StGB Verbotsgesetze dar. Während § 284 StGB das unerlaubte Veranstalten eines öffentlichen Glücksspiels unter Strafe stellt, sanktioniert § 285 StGB die Beteiligung daran. Bezogen auf § 284 StGB ist die Frage, ob es sich hierbei um ein Verbotsgesetz handelt, ebenso zu beurteilen wie zu § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 (vgl. Segna, WM 2022, 1909, 1912 m.w.Nachw.). Ob auch § 285 StGB als Schutzgesetz anzusehen ist, hängt von dem umstrittenen Schutzzweck dieser Norm ab (vgl. Segna, WM 2022, 1909, 1912 m.w.Nachw.), was nach Auffassung des Gerichts vorliegend aber dahinstehen kann, da die Nichtigkeit der Verträge jedenfalls aus § 284 SGB folgt. Insoweit kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
64cc) Dem Anspruch des Klägers stehen Kondiktionsausschlüsse nicht entgegen.
65(1) Ein Kondiktionsausschluss nach § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB scheidet entgegen der
66Auffassung der Beklagten aus. Denn diese Vorschrift greift nur ein, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird. Ist die Spielvereinbarung nach § 134 BGB nichtig, gelten die allgemeinen Regeln. In einem solchen Fall wird nämlich keine Naturalobligation begründet, die zugunsten des Glücksspiel-Anbieters einen rechtlichen Grund für das Behaltendürfen der Leistung abgeben könnte (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 19 U 92/23, juris Rn. 20; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 122; Segna, WM 2022, 1909, 1912 m.w.Nachw.).
67(2) Dem Anspruch des Klägers steht auch § 814 Alt. 1 BGB nicht entgegen. Dieser Ausschlusstatbestand setzt positive Kenntnis der Nichtschuld im Zeitpunkt der Leistung voraus. „Kennenmüssen“ genügt nicht, selbst wenn die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht. Es genügt auch nicht, wenn dem Leistenden die Tatsachen bekannt sind, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Vielmehr muss der Leistende aus diesen Tatsachen nach der maßgeblichen Parallelwertung in der Laiensphäre auch die zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben. Die Beweislast hierfür trägt nach den allgemeinen Grundsätzen die Beklagte (vgl. Segna, WM 2022, 1909, 1912 m.w.Nachw.). Die Ausführungen der Beklagten zu der Presseberichterstattung sowie einer allgemeinen Bekanntheit des Verbots wären – wobei es jeweils auf den Zeitpunkt der Einzahlungen ankommt – allenfalls geeignet, ein „Kennenmüssen“ zu begründen, was nach dem Gesagten jedoch nicht genügt (vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 109 f.). Etwaige Hinweise der Beklagten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen wären ebenfalls nicht geeignet, eine solche positive Kenntnis des Klägers zu begründen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 109; Segna, WM 2022, 1909, 1912 f.). Auch unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung kann nach dem oben Gesagten von einer positiven Kenntnis des Klägers im Zeitpunkt der Einzahlungen nicht ausgegangen werden.
68(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten greift zudem ein Konditktionsausschluss nach § 817 Satz 2 BGB nicht durch. Da die Regelung für sämtliche Leistungskondiktionen gilt, ist ihr Anwendungsbereich allerdings eröffnet (vgl. Segna, WM 2022, 1909, 1913 m.w.Nachw.). Nach § 817 Satz 2 BGB ist die Rückforderung des Geleisteten ausgeschlossen, wenn dem Leistenden „gleichfalls“ ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten zur Last fällt. Die Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit muss gerade im Zeitpunkt der Leistung gegeben sein. Mit dem Internetverbot des Glücksspielstaatsvertrags lässt sich ein Kondiktionsausschluss nach § 817 Satz 2 BGB nicht begründen, da sich dieses Verbot nur gegen den Anbieter richtet. Indes liegt im Fall des illegalen Online-Glücksspiels in der Person des Spielers – zumindest objektiv – ein Verstoß gegen § 285 StGB vor (s. hierzu Segna, WM 2022, 1909, 1913; dies offenbar bereits als ausreichend ansehend LG Wuppertal, Urt. v. 27.10.2021 – 17 O 389/20, juris Rn. 21; Liesching, ZfWG 2022, 108). Nach der zutreffenden herrschenden Meinung reicht allerdings ein bloß objektiver Gesetzesverstoß für einen Kondiktionsausschluss nach § 817 Satz 2 BGB nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass der Leistende vorsätzlich verbotswidrig gehandelt hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 104 m.w.Nachw.). Um zu verhindern, „dass der Wertblinde für sein unterentwickeltes Unrechtsempfinden belohnt wird“, muss es allerdings genügen, wenn sich der Leistende der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (vgl. OLG F., Beschl. v. 20.09.2022 – 18 U 538/22, ZfWG 2023, 79, juris Rn. 23; LG Bonn, Urt. v. 30.11.2021 – 5 S 70/21, ZfWG 2022, 104, 106; Segna, WM 2022, 1909, 1913 m.w.Nachw.). Soweit in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, dass bei einem Verstoß gegen ein Strafgesetz wie § 285 StGB der volle (objektive und subjektive) Tatbestand erfüllt sein müsse, um zu einem Kondiktionsausschluss zu gelangen (vgl. LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 21.09.2021 – 2 O 296/20, BeckRS 2021, 26917 Rn. 50 ff.; ebenso LG B., Urt. v. 13.07.2021 – 8 O 582/20, BeckRS 2021, 20002 Rn. 32), vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen. Nach dem Vorstehenden genügt es im Rahmen des § 817 Satz 2 BGB, dass sich der Leistende der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (ebenso Segna, WM 2022, 1909, 1913). Die Beklagte trägt bezogen auf das leichtfertige Sichverschließen allerdings die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Segna, WM 2022, 1909, 1913 m.w.Nachw.). Auch insoweit geht das Gericht davon aus, dass eine allgemeine Bekanntheit des Verbotes von Online-Glücksspielen ebenso wenig genügt (so aber LG Bonn, Urt. v. 30.11.2021 – 5 S 70/21, ZfWG 2022, 104, 106 „lebensfremd“; LG F. I, Endurt. v. 13.04.2021 – 8 O 16058/20, BeckRS 2021, 11488 Rn. 32; zutreffend hiergegen OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.2023 – 14 U 256/21, ZfWG 2023, 444, juris Rn. 101; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2023 – 19 U 7/23, juris Rn. 82; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 109, 116; Segna, WM 2022, 1909, 1913) wie etwaige Hinweise in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach Online-Glücksspiele nicht in allen Ländern erlaubt seien und die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Teilnahme allein beim Spieler liege (s. hierzu zutreffend OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 109; Segna, WM 2022, 1909, 1913 m.w.Nachw.). Jedenfalls im Hinblick auf das in G. ohne weiteres verfügbare Internetangebot, das die Beklagte gezielt auch auf den deutschen Markt ausgerichtet hat, sowie die Angaben, die der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hierzu gemacht hat, geht das Gericht auch insoweit davon aus, dass die Voraussetzungen für ein leichtfertiges Sichverschließen nicht vorliegen, jedenfalls hat die Beklagte keinen hinreichenden Beweis hierfür angeboten. Soweit die Auffassung vertreten wird, § 817 Satz 2 BGB bedürfe mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 einer teleologischen Reduktion und könne schon aus diesem Grund dem Rückzahlungsverlangen des Spielers nicht entgegengehalten werden (näher hierzu OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 118 f.; Segna, WM 2022, 1909, 1914 f.), kann nach dem Gesagten dahinstehen, ob dem gefolgt werden kann.
69c) Dem Kläger steht gegen die Beklagte darüber hinaus ein Zahlungsanspruch aus Deliktsrecht (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV 2012, § 284 Abs. 1 StGB) zu.
70aa) Bei § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 61 ff.) und § 284 StGB handelt es sich um Schutzgesetze. Eine Norm ist dann Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Es genügt, wenn die Norm auch das infrage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits darf der Individualschutz nicht bloß als Reflex der Norm erscheinen; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (s. zum Ganzen Segna, WM 2022, 1909, 1916 m.w.Nachw.).
71Unter Zugrundelegung dessen ist § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 als Schutzgesetz einzuordnen, da die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages – wie oben im Einzelnen dargelegt – neben dem Schutz der Allgemeinheit auch dem Schutz der Spieler dient (Segna, WM 2022, 1909, 1916). Entsprechendes gilt für die Anwendung des § 284 StGB, der ebenfalls als Schutzgesetz anzusehen ist (zu Letzterem s. OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2023 – 19 U 7/23, juris Rn. 97 ff.; Segna, WM 2022, 1909, 1916; a.A. Koenig/Wittum, ZfWG 2023, 2, 7).
72Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO analog wegen einer möglichen unionrechtskonformen Auslegung des § 823 Abs. 2 BGB ist aus den oben zu § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 dargelegten Erwägungen nicht geboten.
73bb) Die Beklagte hat durch ihre Organe (§ 31 BGB) bedingt vorsätzlich, zumindest aber fahrlässig gehandelt (s. zum Folgenden OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 128 ff.). Die Beklagte wusste, dass sie öffentlich Glücksspiel (Casinospiele) veranstaltete, ohne über eine Erlaubnis der deutschen Behörden zu verfügen, und ihr war auch bekannt, dass eine solche für Online-Glücksspiel wegen des in § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 angeordneten Totalverbots ohnehin nicht zu erlangen war. Sollte sie der unzutreffenden Annahme gewesen sein, ihre C. Lizenz sei insoweit ausreichend, handelt es sich um einen vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 StGB, der den Vorsatz des Täters nicht entfallen lässt, weil der EuGH – wie oben im Einzelnen ausgeführt – bereits 2010 entschieden hatte, dass keine Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der von den verschiedenen Mitgliedsstaaten erteilten Erlaubnisse besteht. Die gleiche Beurteilung gilt dann, wenn sich die Beklagte von der verfehlten Einschätzung hätte leiten lassen, die Bestimmung des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 wäre mit Unionsrecht unvereinbar. Bereits im Jahr 2009 hatte der EuGH entschieden, dass Internetverbote für Glücksspiele ausländischer Anbieter grundsätzlich europarechtskonform sind (EuGH, Urt. v. 08.09.2009 – C-42/07), weshalb sich eine etwaige diesbezügliche Fehlvorstellung der Beklagten ebenfalls hätte vermeiden lassen. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht bereits 2017 (BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16, juris Rn. 30 ff.) ausdrücklich bestätigt, dass das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 mit Verfassungsrecht und Unionsrecht vereinbar ist.
74cc) Dem Kläger ist auch ein erstattungsfähiger (kausaler) Schaden entstanden (a.A. LG F. I, Endurt. v. 13.04.2021 – 8 O 16058/20, BeckRS 2021, 11488 Rn. 45 ff.). Im Fall der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung dieser Gesetze ist der Spieler so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde. Bei den Spieleinsätzen handelt es sich um Vermögenseinbußen, die gerade durch das unerlaubte Veranstalten des Online-Glücksspiels veranlasst werden. Hätte der Veranstalter das illegale Online-Glücksspiel nicht angeboten, hätte der Spieler auch keinen Vertrag schließen und Einzahlungen vornehmen können (dies übersehend LG Wuppertal, Urt. v. 27.10.2021 – 17 O 389/20, juris Rn. 25: den erbrachten Spieleinsätzen stünden entsprechende Spielmöglichkeiten mit Gewinnchancen gegenüber, was aber bei einer Nichtigkeit der Verträge gerade nicht der Fall ist; vgl. zutreffend OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2023 – 19 U 7/23, juris Rn. 103; OLG Köln, Urt. v. 31.10.2022 –19 U 51/22, juris Rn. 78; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 132). Auch wenn § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 nicht primär als Vorschrift zum Schutz des Vermögens konzipiert ist, verwirklichen sich in der Teilnahme am illegalen Online-Glücksspiel – und den entsprechenden Einzahlungen – genau jene Gefahren, vor denen der Spieler geschützt werden soll (s. zutreffend zum Ganzen Segna, WM 2022, 1909, 1916 f.). Unter Berücksichtigung dessen kommt auch eine Anspruchskürzung nach § 254 Abs. 1 BGB nicht in Betracht (vgl. OLG Köln, Urt. v. 31.10.2022 – 19 U 51/22, juris, Rn. 74; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2023 – 19 U 7/23, juris Rn. 104 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 138; Segna, WM 2022, 1909, 1917).
75Die Erwägung, dass Verluste auch bei erlaubtem Glücksspiel eintreten können und dies dem Spieler bewusst ist, lässt den Schutzzweckzusammenhang nicht entfallen. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dient auch dem Schutz des Spielers vor den irrationalen Reizen von Glücksspielen (BGH, Beschl. v. 25.07.2024 – I ZR 90/23, NJW 2024, 2606, juris Rn. 64). Zudem gibt es zahlreiche Verpflichtungen der Glücksspielanbieter, die dazu beitragen, das Vermögen der Spieler bei legalen Spielen zu schützen (s. hierzu OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 136). Dies gilt namentlich für die Pflichten der Anbieter, Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel an den Zielen des § 1 GlüStV 2012 auszurichten (§ 5 Abs. 1 GlüStV 2012), wobei die Werbung für unerlaubte Glücksspiele verboten war (§ 5 Abs. 4 GlüStV 2012), für die Verpflichtung, die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht vorzubeugen und hierfür ein Sozialkonzept zu entwickeln (§ 6 GlüStV 2012) sowie für die Aufklärungspflichten über alle spielrelevanten Informationen (§ 7 GlüStV 2012), insbesondere zu den Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeiten ( § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 GlüStV 2012).
76d) Soweit die Beklagte den Einwand der Verjährung erhoben hat, dringt sie hiermit im Ergebnis nicht durch. Bereicherungsrechtliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte sind allerdings verjährt, soweit sie – wie vorliegend insgesamt – vor dem 01.01.2021 entstanden sind, da die im Jahr 2024 eingereichte und zugestellte Klage die Verjährung insoweit nicht gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen konnte.
77Bereicherungsrechtliche Ansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 BGB. Entstanden i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist ein Rückzahlungsanspruch bereits mit der Zahlung des Spieleinsatzes. Die Kenntniserlangung i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Geht man, wie für das Bestehen eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs erforderlich, davon aus, dass ein OnlineGlücksspiel wegen des im GlüStV 2012 insofern enthaltenen Totalverbots unter keinem denkbaren Umstand erlaubt sein konnte, lag die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände ebenfalls bereits bei der Einzahlung des Spieleinsatzes vor. Da durch Urteil des BVerwG vom 26.10.2017 (Az.: 8 C 18/17) noch innerhalb der laufenden Verjährungsfrist entschieden wurde, dass das Verbot, Poker- und Automaten- und Casinospiele im Internet zu veranstalten und zu vermitteln, mit Unions- und Verfassungsrecht vereinbar ist, wäre aus Sicht eines rechtskundigen Dritten eine Klage spätestens im Jahr 2017 zumutbar gewesen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 12.04.2024 – 5 U 149/23, juris Rn. 136 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 125).
78Auch wenn die Bereicherungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte demnach verjährt sind, hat der Kläger nach dem oben Gesagten einen durchsetzbaren Anspruch in gleicher Höhe gem. § 852 i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB, § 4 Abs. 1, 4 GlüStV 2012 (vgl. zum Ganzen OLG Stuttgart, Urt. v. 24.05.2024 – 5 U 74/23, juris Rn. 110 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 126 ff.). Nach Maßgabe des § 852 BGB kann der Kläger auch für einen gegebenenfalls verjährten Zeitraum die Verluste nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herausverlangen. Nach § 818 Abs. 3 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes zwar ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB kann auch im Rahmen des § 852 Satz 1 BGB Anwendung finden. Hinsichtlich einer Entreicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB fehlt es aber – wie oben ausgeführt – bereits an einem Vortrag der Beklagten. Darüber hinaus scheitert der Einwand auch an der bestehenden Kenntnis der Beklagten vom Fehlen des Rechtsgrundes nach §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB bzw. jedenfalls an § 819 Abs. 2 BGB (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 – 5 U 107/24, juris Rn. 141).
79e) Soweit der Kläger nach dem Gesagten von der Beklagten Zahlung in Höhe von 35.204,99 Euro verlangen kann, folgt der Anspruch auf Zahlung der Zinsen im Hinblick auf das Schreiben der Klägervertreter vom 28.02.2024 aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Dass der Kläger in dem Schreiben einen weitergehenden Zahlungsanspruch in Höhe von 37.204,99 Euro geltend gemacht hat, steht dem Eintritt des Verzuges nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt eine Zuvielforderung die Wirksamkeit der Mahnung und damit den Verzug hinsichtlich der verbleibenden Restforderung nicht in Frage, wenn der Schuldner die Erklärung des Gläubigers nach den Umständen des Falles als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist (BGH, Urt. v. 12.07.2006 – X ZR 157/05, juris Rn. 16). So liegt der Fall hier, weil der Kläger bei seiner Aufstellung die beiden weitergehenden Zahlungen offensichtlich aufgrund eines Versehens unberücksichtigt gelassen hat und aufgrund der geringen Höhe der Zuvielforderung davon auszugehen ist, dass der Kläger auch den nunmehr zugesprochenen Betrag angenommen hätte.
80Der Kläger kann ferner als Teil seines Vermögensschadens gem. §§ 823 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB Freistellung von den für die Beauftragung der Klägervertreter entstandenen außergerichtlichen Kosten in Höhe von 1.751,80 Euro von der Beklagten verlangen (§ 257 Satz 1 BGB). Die Zuvielforderung des Klägers wirkt sich in Ermangelung eines Gebührensprunges nicht aus. Der Kläger kann insoweit die Zahlung von Verzugszinsen allerdings nicht verlangen, insoweit ist die Klage abzuweisen. Hat der Befreiungsschuldner – wie vorliegend die Beklagte – es versäumt, den Befreiungsgläubiger rechtzeitig freizustellen und ist diesem hierdurch eine weitere Schuld entstanden, ist der Befreiungsschuldner nach den Regeln des Schuldnerverzugs zum Ersatz dieses Verzögerungsschadens verpflichtet. Dass bei dem Kläger ein konkreter Schaden durch die bisherige Nichtzahlung der Anwaltsgebühren eingetreten ist, hat dieser nicht vorgetragen. Verzugszinsen auf einen Freistellungsanspruch können mangels Rechtsgrundlage auch nicht entsprechend der Regelung beim Zahlungsanspruch verlangt werden, da § 288 BGB auf einen Freistellungsanspruch nicht anwendbar ist (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v 04.10.2010 – 5 U 60/10, juris Rn. 91 f.; Staudinger/Feldmann, BGB, 2019, § 288 Rn. 6). Das Gericht war nicht gehalten, den Kläger hierauf hinzuweisen, da es sich insoweit um eine Nebenforderung handelt (vgl. § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
81f) Soweit der Kläger einen weitergehenden Betrag in Höhe von 2.000,00 Euro geltend gemacht hat, ist die Klage einschließlich der insoweit geltend gemachten Zinsen unbegründet und abzuweisen. Die Beklagte hat insoweit unbestritten vorgetragen, zwei weitere Auszahlungen in Höhe von je 1.000,00 Euro vorgenommen zu haben.
82II.
83Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 19.09.2006 – X ZR 49/05, juris Rn. 9). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
84Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 40, 39 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO. Die von dem Kläger geltend gemachte Freistellung von den Rechtsanwaltsgebühren hat – ebenso wie die geltend gemachten Zinsen – als Nebenforderungen gem. § 43 Abs. 1 GKG außer Betracht zu bleiben, da sie sich auf den mit der Klage geltend gemachten Hauptanspruch beziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 30.01.2007 – X ZB 7/06, JurBüro 2007, 313 f.; BGH, Beschl. v. 15.05.2007 – VI ZB 18/06).